Timo Wopp: Ein Meister in asozialer Kompetenz

Auf der Bühne macht Timo Wopp es sich wahrlich nicht leicht. Satire und Meta-Kabarett treffen bei dem 47-Jährigen auf Kalauer und mitunter mehrdeutigen Zoten, mit denen er sich in der Regel selbst ein Bein zu stellen versucht, und das in einem Tempo, dass das Publikum, das an diesem Abend ins Pantheon gekommen ist, kaum zum Luftholen kommt, geschweige denn zum Nachdenken. Oder zum Lachen. Ist das jetzt lustig oder peinlich, böse oder wahr oder vielleicht sogar beides? Darf ich darüber lachen, und wenn ja wie lange? Und wie laut? Und warum überhaupt?

Es sind diese und ähnliche Fragen, auf die es Wopp abgesehen hat und die er mit seinem aktuellen Jubiläums-Programm „Ultimo“ herauskitzeln will. Schließlich muss er doch herausfinden, was auf deutschen Bühnen noch funktioniert und was nicht, in einer Zeit, in der man auf diesen kaum noch verrückter sein kann als die Realität. Auf der Suche nach der eigenen Existenzberechtigung als Kabarettist lotet Wopp so sämtliche Schmerz- und Schamgrenzen aus und führt das Publikum in die Abgründe des Humors. „Man muss durch das Tal der Lächerlichkeit gehenm um zu wahrer Größe zu gelangen“, sagt er. Eine schwierige Reise. Aber eine, die sich letztlich lohnt.

Völlig neu ist das Konzept des Abends allerdings nicht. Mit „Ultimo“ verknüpft Wopp vielmehr seine drei vorherigen Solo-Programme und damit sowohl Stand-Up-Elemente als auch die zynischen Ausführungen eines Karriere-Coachs, den er einst als bitterböse Kunstfigur schuf. „Niveau wirkt nur von unten wie Arroganz“, sagt letzterer zum Beispiel in der zweiten Hälfte des Programms und empfiehlt asoziale Kompetenz, um im Leben klarzukommen. Das Ich ist entscheidend, auch im Wir, und die anderen sind nicht mehr als Trittsteine und Steigbügelhalter. Ethik spielt dabei keine Rolle mehr, und Moral ist ohnehin nur eine „selbst auferlegte Behinderung“. Weg damit, und her mit dem Erfolg, oder wie man das auch immer nennen mag.

So gnadenlos Wopp als Coach auch daherkommt, im Pantheon hat er es mit dieser Rolle leichter. Das Workshop-Format gibt dem Programm Struktur, Linien, Sicherheit – die erste Hälfte des Abends gleicht dagegen eher einer Achterbahnfahrt mit Augenbinde, so dass man nie genau weiß, wann der nächste Abgrund kommt. Zumal Wopp vor nichts zurückschreckt, nicht nicht einmal vor seinen Kindern, auf die er immer wieder zurückgreift, um sich beziehungsweise seine Bühnen-Persona noch unbeliebter zu machen. Klappt. Auf der anderen Seite greift der Wahl-Berliner mehrfach auf die Jonglage-Kunst zurück, die er seit seiner Jugend beherrscht – vor seiner Kabarett-Karriere hatte er sogar einen Solo-Vertrag beim Cirque du Soleil. Und auch wenn er es selbst abstreitet, hat er doch offenbar nichts verlernt. Seine „haptische Power-Point-Präsentation“ ist brillant, sein Trick mit der Zigarette und dem brennenden Streichholz eindrucksvoll. Als er dann auch noch mit drei Bowling-Kugeln jongliert, ist die Menge endgültig begeistert, allen vorherigen Bemühungen Wopps um einen offiziellen Mistkerl-Status zum Trotz. Für diesen einzigartigen Moment wird er frenetisch gefeiert. Und für ein Programm, das hoffentlich zum Nachdenken angeregt hat. Mehr will Timo Wopp schließlich gar nicht.

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