High South + Todd Sharpville: Liebe, Frieden, Harmonie

Hippie-Botschaften und Blues-Melancholie prägen den zweiten Abend des Crossroads-Festivals, den der WDR Rockpalast derzeit in der Harmonie aufzeichnet. Nach einem fulminanten Auftakt sind die Erwartungen an High South und an Todd Sharpville hoch, doch sowohl die Band aus Kalifornien als auch der blaublütige Gitarrist aus England können mithalten und das Format zugleich um zusätzliche Farben bereichern. Erstere bringen eine Mischung aus Southern Rock und Country mit nach Endenich, letzterer atemberaubende Zwölftakter – und beide jede Menge Spielfreude.

Die Botschaft von High South ist einfach: Alles dreht sich um Liebe, Frieden und Harmonie, um den Zusammenhalt der Menschen und die Hoffnung, dass alles gut wird. Diese Flower-Power-Attitüde unterfüttert das Quartett mit charismatischem mehrstimmigem Gesang und weitgehend schlichtem, aber wirkungsvollem Gitarrenspiel in der Tradition der Eagles und Crosby, Stills und Nash. Mal richtig rockig, dann wieder gnadenlos schmalzig fahren sie über den „Hippie Highway“ und sind dabei so gut, dass selbst jene, denen die Musik eigentlich ein bisschen zu brav und zu glatt erscheint, unweigerlich mitwippen und mitsingen. Für die sanfteren Töne ist dabei meistens Phoenix Mendoza verantwortlich, während James Garner mit seiner kernigeren Stimme und seinem exzellenten Mundharmonika-Spiel eher dann gefragt ist, wenn es ein bisschen wilder zur Sache geht, so wie vor allem am Anfang des Konzerts – und am Ende, bei einer großartigen Cover-Version von Johnny Cashs „Folsom Prison Blues“. Dabei halten High South stets die Balance zwischen Country und Rock, zwischen Heile-Welt-Harmonien und und jaulenden E-Gitarrensoli von Kevin Campos. Passt. Weiter so.

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Zum Konzept von Crossroads gehört es, sowohl neue Bands vorzustellen als auch Künstler, die seit Jahrzehnten völlig zu Unrecht eine Art Schattendasein führen oder nur innerhalb einer bestimmten Szene bekannt sind. So wie Todd Sharpville. Seit mehr als drei Dekaden ist er eine feste Größe in der britischen Blues-Szene, ist 1992 bei den British Blues Awards als bester Gitarrist ausgezeichnet worden und hat unter anderem schon mit Taj Mahal, Branford Marsalis und B.B. King auf der Bühne gestanden. Dennoch ist sein Name selbst den Stammgästen der Harmonie nicht geläufig. Bis jetzt. Denn was der 52-jährige Sohn des 3rd Viscount St. Davids an diesem Abend abliefert, kann nur als überragend bezeichnet werden. Schon der Opener, den Sharpville in bester Billy-Joel-Manier am Klavier spielt, ist ein Genuss, und als dieser dann zur Gitarre greift, wird alles nur noch besser. Brillante Soli, starke Songs und ein herrlich treibender Rhythmus setzen Maßstäbe. Und Sharpville ist noch lange nicht fertig. Irgendwann stoßen noch eine Background-Sängerin und ein -Sänger zu dem bestehenden Quartett, und bei seiner Interpretation des Dire-Straits-Klassikers „Money for Nothing“ holt er kurzerhand den Harmonica-Spieler Will Wilde auf die Bühne, der zu den Besten seiner Zunft zählt und mit seinem Instrument Läufe spielt, die man sonst nur von Gitarren-Virtuosen wie Joe Bonnamassa kennt – ein atemberaubender Auftritt und zweifelsfrei einer der Höhepunkte der fast 20-jährigen Crossroads-Geschichte. Wahnsinn.


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