Herbert Knebel: Dampfplauderer im Rock-Modus

Fast ist es so, als ob sie nie weg gewesen wären, der Trainer hinter der Schießbude, der Ernst mit seiner Leidenschaft für Bassisten-Posen, der Ozzy mit seinen wilden Gitarren-Soli und natürlich der Herbert, der Hip-Hop- und Rock-Veteran mit der Kappe und dem ewig altmodischen Oppa-Outfit. Ja, Herbert Knebel ist wieder da, um mit seinem Affentheater das Publikum von den Stühlen zu jagen und seine Weltsicht unters Volk zu bringen. Ob das will oder nicht. Und so rockt der verschrobene Ruhrpott-Pensionär eben ab, so wie jetzt im Bonner Pantheon. Kann man mal machen. Und dabei für gute Stimmung sorgen.

Mit seiner Band erfüllt sich Knebel (Uwe Lyko) einen lange gehegten Traum. Einst wollte er Elektrogitarrist werden, wollte als „The Animal“ die Bühnen stürmen – ausgerechnet er, der schon mit beige-brauner Buxe, Hosenträgern, Schiebermütze und Hornbrille zur Welt gekommen ist und der in seiner Biederlichkeit ungefähr so viel mit einem Rockstar zu tun hat wie Wladimir Putin mit einem lupenreinen Demokraten. Außerdem war da ja noch der Bluthochdruck, den ihm seine Jugendliebe Lola hinterlassen hat und wegen dem er ja damals seine Guste geheiratet hat. Aber gut, Knebel hatte zumindest schon mal ein passendes Kabel, und da jemand wie er ja nichts verkommen lässt, war das Affentheater mit seinen inzwischen mehr als 1000 Bühnenauftritten die logische Konsequenz. Hier kann Knebel das Tier im Mann rauslassen, dem Rock selbst in härteren Spielarten frönen, sich als Rapper und Flamenco-Gitarrist beweisen und sich augenzwinkernd vor Chuck Berry, Eric Clapton, Christina Aguilera und ZZ Top verneigen. Musikalische Hemmungen hat Knebel schließlich nicht. Und seine Band? Macht natürlich mit.

Dazwischen unterhält Knebel mit allerlei Anekdoten aus dem Giftschrank seiner Erinnerung, angemessen aufgehübscht und trotzdem der Wahrheit verpflichtet – zumindest dem, was Knebel für die Wahrheit hält. Genüsslich erzählt er unter anderem von seinem Besuch auf dem Ponyhof, bei dem er eines der Tiere mit ein paar geflüsterten Worten sofort auf 180 brachte, oder amüsiert sich über das vermeintliche Smart Home von Gitarrist Ozzy, das selbst unter Einbeziehung von Alexa noch nicht einmal ansatzweise mit einem „Smart Herbert“ mithalten kann. Aber woher weiß der das? Hat der Knebel etwa Geld zu viel? Irgendwie ist der in letzter Zeit ohnehin ein bisschen seltsam, behaupten zumindest seine Freunde. Also seltsamer als sonst. Gerüchten zufolge soll er sogar mehrfach auf dem Golfplatz gesichtet worden sein. Aber darüber spricht man ja nicht, höchstens hinter vorgehaltener Hand, wenn Knebel mal gerade nicht auf der Bühne ist. Tatsächlich findet dieser immer wieder Ausreden, um seinen Kumpanen das Feld zu überlassen, was diese nur zu gerne für eine kleine gesungene Food-Erotik-Fantasie („Voulez-vouz manger avec moi“) nutzen. Ungewöhnlich, dass Knebel den anderen so viele Freiräume gewährt. Zumindest gibt es aber offenbar keinen Grund, sich Sorgen zu machen: Erst vor ein paar Wochen hat Uwe Lyko in einem Interview bestätigt, dass er mit seiner Kunstfigur gerne noch so zehn Jahre weiter auftreten möchte. Das Affentheater geht also weiter.

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