Ein bisschen norddeutscher Soul, ein Schuss Rock 'n' Roll, eine ordentliche Dosis Boogie Woogie und ganz viel Wahnsinn: Das Konzert der Söhne Hamburgs im Rahmen der Reihe „Quatsch keine Oper“ wies am vergangenen Donnerstag all das und mehr auf. Joja Wendt, Stefan Gwildis und Rolf Claussen, Freunde und Kollegen seit etlichen Jahren, wollten an diesem Abend einfach nur spielen, einfach nur Quatsch und Musik machen und eine schöne Zeit haben, nachdem der Auftritt immerhin durch die Corona-Pandemie mehrfach verschoben werden musste – und das Publikum genoss diese Attitüde, die nahezu alles erlaubte. Selbst einen rockenden Beethoven. Und ein Mikrofon, das seinem Sänger eine Szene macht.
Von Anfang an zieht das Trio die Menge in der fast ausverkauften Oper in seinen Bann. Ein Ständchen für Maik aus Hamburg, eines für Jutta aus Kerpen, eines für alle Söhne (und Töchter) Hamburgs,
so legen die Drei los, und die Zuschauer singen mit. Wie sollte es auch anders sein, wenn Stefan Gwildis, immerhin einer der volltönendsten Soul-Sänger des Landes, seine „Brüder und Schwestern“
an die Hand nimmt und etwa bei „Spiel das Lied in dir“ genüsslich in den Chorus führt. Joja Wendt, der Tausendsassa an den Tasten, schaukelt derweil expressiv auf und mit seinem Klavierhocker –
sein „tanzender“ Flügel musste diesmal zu Hause bleiben –, während Schauspieler und Sänger Rolf Claussen mit einer Art Bass-Ukulele kämpft und einen Zyklus über seine früheren Liebschaften und
Ehen präsentiert, in dem unter anderem eine Schaffnerin und eine Fischfachverkäuferin (letzteres natürlich stilecht als Salsa) bedacht werden. Zwischendurch zeigen er und Gwildis in Reminiszenz
an ihr altes Duo Aprillfrisch, dass Männer tatsächlich nicht zwei Dine auf einmal können, wobei Jonglage und Gitarrenspiel auch eine überaus herausfordernde Kombination darstellt. Und Joja Wendt?
Brilliert mit einem Beethoven-Medley allererster Güte, das dank des wuchtigen Anschlags und der feinen Begleitung von Schlagzeug (Gwilidis) und Bass (Claussen) durchaus auch auf Wacken ein Erfolg
werden könnte.
Einem klaren Stil sind die Söhne Hamburgs somit nicht verpflichtet; erlaubt ist, was Spaß macht. „Es ist nicht nur unser Recht, sondern auch unsere Pflicht, in einen Zustand zu gelangen, in dem
es uns gut geht“, sagt Claussen denn auch. Was für manche einfacher ist als für andere. Das Mikrofon von Stefan Gwildis verweigert auf jeden Fall mitten in einem Lied seinen Dienst, ist
eifersüchtig auf die besungene Frau und will von nun an nichts mehr mit dem Crooner zu tun haben. „Ich habe dir die besten Jahre meines Lebens geopfert“, wettert es, und irgendwann ist einfach
mal Schluss mit den Demütigungen, zumal schon längst andere Angebote vorliegen. Von Howard Carpendale, von den Amigos und von Jogi Löw. Alles schön und gut – aber letztlich will das Mikrofon doch
lieber bei dem Soul-Sänger bleiben, so wie der Flügel bei Joja Wendt. Etwas besseres kann ihnen schließlich nicht passieren. Dem Publikum auch nicht. Das bedankt sich schon in der Pause mit
stehenden Ovationen und gegen Ende mit nicht enden wollendem Applaus.
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