Hömma: Wenn ein Satz schon so beginnt, sind die Ohren zu spitzen, und zwar ohne wenn und aber. Dieses stärkste aller kommunikativen Signalworte des Ruhrpott-Idioms kann und darf man nicht ignorieren; wenn „Hömma“ kommt, folgt automatisch eine Weisheit, und mit denen kennen sich nur wenige besser aus als Kai Magnus Sting. Der 45-jährige Kabarettist ist schließlich ein leidenschaftlicher Sammler von Dialekt und Dialektik seiner Heimat, nicht zuletzt um dieses Wissen auf der Bühne zu vermitteln. Schon seit mehr als einer Dekade klärt er darüber auf, was Menschen zu sagen haben, die bereits bei der Geburt in den Kittel gepresst werden und diesen nie wieder loswerden – Jochen Malmsheimer lässt grüßen. Nun ist Sting mit neuen Geschichten über seine Omma und die Unterschiede zum modernen Leben auf Tour und hat auch im Haus der Springmaus Station gemacht.
Um es kurz zu machen: Bei Omma war alles besser. Die konnte Dinge noch auf den Punkt bringen, kam mit drei Fernsehprogrammen und Sendeschluss bestens zurecht und hatte keine Verwendung für ein intelligentes Haus, das von selbst entscheidet, wann es draußen zu hell für drinnen ist. Hat man früher nicht gebraucht, kann also auch heute weg. Einen Großteil seines aktuellen Programms „Hömma, so isset“ verbringt Sting demzufolge in der nostalgischen Verherrlichung jener Ära, als er noch ein achtjähriger Stöpke und die Welt dementsprechend in Ordnung war. Ein altbekanntes, ja gar altbackenes Prinzip. Doch Sting, der mitunter schneller reden kann als sein Schatten, hat dieses Spiel perfektioniert. Im Dauerfeuer konfrontiert er das Publikum mit der eigenen Vergangenheit, indem er mehr „Kennst de“-Phrasen hintereinander schaltet als Mario Barth, sich an das rituelle gemeinsame „Tatort“-Gucken erinnert, an die knappen Sprüche besagter Omma und an die Vase von Tante Ingeborg, die immerhin was wert war (was auch immer). Dazu kommen all die Dinge, die dann doch immer so eklig waren, angefangen bei der Graupensuppe mit Schweinefüßen und endend bei den Süßigkeiten auf des Großmutters Etagere. Letzteres sorgt denn auch prompt für rege Publikumsbeteiligung, vor allem von Seiten einiger After-Eight-Freunde, die den höflich-interessierten Sting mit Verweisen auf Kalle und Mathis aus Herten völlig verwirren. Das restliche Publikum auch, das sich vor Lachen kaum noch auf den Stühlen halten kann und die offene Diskussion über Schoko- und Gebäckverbrechen ausgelassen auch auf Erfrischungsstäbchen und Printen lenkt. Warum? So isset halt am lustigsten. Zumindest dürfte dieser ungewöhnliche Abend sowohl den Springmaus-Besuchern als auch Kai Magnus Sting noch lange in Erinnerung bleiben.
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