Bescheidenheit steht der Echse nicht. Wozu auch? Wer seit dem Urknall auf der Welt ist, eigenhändig die erste Zellteilung vollzogen und die Sintflut auf einem eigenen Schiff überlebt hat, der kann schließlich genug Lebenserfahrung aufweisen, um über derartigen Eigenschaften zu stehen. Die Gäste im Haus der Springmaus sollten vielmehr dankbar sein, dass die Echse von ihrem hohen Berg hinuntergestiegen ist, um den unwissenden Massen die Erleuchtung zu bringen und sich als Guru zur Verfügung zu stellen, als Lotse durch die Untiefen des Seins und als Prophet großer Weisheit. Zusammen mit ihrem Träger Michael Hatzius hat das alte Reptil mit den Helmut-Schmidt-Manierismen nun im Rahmen ihrer „Echsoterik“-Tour in Endenich versucht, bei den großen Problemen der Welt zu helfen (Krieg, Klimakrise und Troisdorf) und den Geist mit Hilfe von Humor auf eine neue Ebene zu bringen. Was ihr mühelos gelingt.
Im Grunde kann die Echse gar nichts falsch machen, selbst wenn sie wollte. Längst ist sie Kult und als solche über jeden Fehler erhaben; die etwas drögen Einspieler von einer Esoterik-Messe, die eher peinlichen Bemühungen um eine Interaktion mit dem Publikum und der merkantile Charakter der Show werden geflissentlich ignoriert und Gäste bejubelt, die versuchen, witziger als der Mann auf der Bühne zu sein. Dabei wären die ständigen Hinweise auf den Merchandise-Stand im Foyer wirklich nicht nötig, ebenso wenig wie der Versuch, Dialektwörter wie Rievekooche und Prummetaat zu erklären. Die Echse kommt auch ohne derartige Spielereien an, vor allem wenn dann noch die Offenbarungen der anderen Figuren hinzukommen und sie zu einem Anti-Helden machen, zu einem Drachen mit herrischem Gemüt, der Figuren wie das arme Huhn mit seinem massiv eingeschränkten Selbstbewusstsein gnadenlos ausnutzt. Nett ist das nicht, gibt der Echse aber eine beträchtliche Tiefe. Gleichzeitig erlaubt dieser Kunstgriff Hatzius, auch mal sein Markenzeichen zur Seite zu legen und andere Charaktere aus seinem Puppen-Universum hervorzuholen: Die fiese Zecke, die trotz ihres kleinen Kopfs über eine bemerkenswerte Mimik und Gestik verfügt und sich dank des Klimawandels auch im Januar zu Wort melden kann, oder auch die beiden Schweine Torben und Steffi, die sich gegenseitig fertigmachen, darüber hinaus aber auch eine beeindruckende psychologische Vielschichtigkeit aufweisen. Das ist Puppenspiel vom Feinsten. Das Publikum spendet entsprechend ausgiebigen Beifall, sowohl für den Echsoteriker als auch für seine Entourage, von der man ruhig noch mehr sehen könnte.
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