Die Bässe dröhnen, die Luft bebt im Rhythmus und auch die Arme des Publikums wippen im Takt: Der letzte Auftritt von Gentleman in diesem Jahr geht für den deutschen Reggae-Musiker auf. Klar, er hat ja auch Heimspiel hier in Köln, da kann eigentlich nichts schief gehen, vielleicht mal abgesehen vom Sound, der schlichtweg zu laut ist für das Carlswerk Viktoria, zu dumpf und zu schwer. Der Menge ist das allerdings egal. Sie will einfach nur das Leben feiern und ausgelassen tanzen, will das eigenwillige Amalgam aus Roots, Hip Hop und Rock genießen und zumindest anderthalb Stunden abtauchen. Und dafür ist die Musik von Gentleman durchaus geeignet.
In gewisser Weise ist das von der Telekom präsentierte Konzert aber auch ein Versuchsballon, immerhin spielt Gentleman hier erstmals die Songs seines aktuellen Albums „Mad World“ live. Nicht
immer geht das glatt – vor allem der Titelsong mit dem leider recht lieblos eingebundenen „Tears for Fears“-Sample im Refrain klingt nicht rund –, doch das tut der Stimmung keinen Abbruch, zumal
der 48-Jährige mit „Jah Ina Yuh Life“ und „Dem Gone“ auch Stücke seines unter bei Reggae-Fans sehr geschätzten Albums „Journey to Jah“ spielt und damit jene Stimmen zu entkräften versucht, die
Gentleman neuerdings eine zu große Beliebigkeit vorwerfen. Er kann eben auch anders. Nicht ohne Grund ist Gentleman der einzige deutsche Reggae-Musiker, der in Jamaika ernst genommen wird, auch
wenn er sich stilistisch mittlerweile weit vom ursprünglich gepflegten Roots-Reggae a la Bob Marley entfernt hat.
Wie sehr sich Gentleman gewandelt hat, zeigen auch die deutschen Titel, die der Sänger seit seinem Album „Blaue Stunde“ im Repertoire hat und die er geschickt einstreut. Bei „Horizont“ steht ihm
wie schon im Studio der Liedermacher Johannes Oerding bei, einer von mehreren Gästen, die Gentleman an diesem Abend auf die Bühne holt. Zuvor schon sang er zusammen mit Joris dessen Lied „Im
Schneckenhaus“, und auch sein langjähriger Freund und Kollege Martin Jondo sowie seine Ehefrau Tamika durften nicht fehlen. Mit derartigen Kooperationen mäandert Gentleman allerdings schnell in
Richtung Deutsch-Pop, was nicht immer sonderlich glücklich wirkt, zumal die Reggae-Rythmen mitunter eher aufgepfropft denn organisch wirken. Dann doch lieber das schmissige „Ovaload“, das
Gentleman einst mit niemand geringerem als Sean Paul aufgenommen hat und das inzwischen weitaus härter klingt, aber immer noch einen modernen Dancehall-Charme versprüht, oder das pulsierende
„Over the Hills“ vom „Mad World“-Album. In beiden Fällen tobt das Publikum, alle Sorgen vergessend. Mission erfüllt.
Kommentar schreiben