Stefan Jürgens: Musik, die gut tut

Ja, die Zeiten sind schwer. Coronakrise, Ukrainekrieg, Gas-Knappheit. Aber deswegen nicht in Konzerte gehen? Davon rät Stefan Jürgens dringend ab, und zwar nicht nur aus Eigennutz. „Lasst uns tun, was uns gut tut, ohne so zu tun, als ob alles gut wäre“, sagt der Schauspieler und Sänger, der vielen Menschen wahrscheinlich noch als Hähnchenschenkelverkäufer bei der Kult-Sendung „RTL Samstag Nacht“ ein Begriff ist oder als Major Carl Ribarski in der Krimi-Serie „Soko Wien“, der aber viel mehr zu bieten hat, viel mehr Tiefe, sowohl in poetischer als auch in musikalischer Hinsicht. In der Harmonie tritt Jürgens nun erstmals mit seinen Chansons auf – und man fragt sich, warum der 59-Jährige so lange auf sich warten ließ.

Als nachdenklicher Liedermacher mit fantastischen Texten und einem beeindruckenden Gespür für feine Melodien versteht dieser auf jeden Fall zu überzeugen und zu begeistern, mit Liedern über die unglückliche Liebe und die Suche nach sich selbst, die aber doch Hoffnung geben. Und eben einfach gut tun.

 

Schon im Alter von 16 Jahren habe er, ansonsten eher ein Spätzünder, die ersten Lieder geschrieben, gesteht Jürgens, der an diesem Abend auf seine Band verzichtet hat und sich, selbst am Klavier sitzend, lediglich von seinem Jugendfreund Ralf Kiwit begleiten lässt. Reicht völlig. Der Multiinstrumentalist setzt mit Gitarre und Saxofon immer wieder herrliche Akzente oder legt mit sanfter Stimme eine zweite Lage über das sonore Organ von Stefan Jürgens. Die Harmonie zwischen den beiden ist greifbar und im Gegensatz zu den Zeiten abseits der Bühne auch hörbar. „Wir zwei sind normalerweise wie ein altes Ehepaar“, sagt Jürgens und grinst, „der eine schweigt und der andere hört zu.“ Im Konzert läuft das zum Glück anders.

Natürlich ist und bleibt Stefan Jürgens ein Schauspieler, auch bei seinen Konzerten. Zumindest die Art, in der er seine mitunter als Einleitung genutzte Lyrik deklamiert, zeugt klar von der Liebe zur Theaterbühne, ist bedeutungsschwanger und opulent, ohne allerdings bemüht zu klingen. Nein, hier spricht vielmehr einer, der die deutsche Sprache liebt und der sich in seiner Poesie von großen Dichtern inspirieren lässt statt von banalen Versschmieden. Diese Qualität weisen auch seine Lieder auf, die durchweg ehrlich sind, authentisch und ein ebenso sprachlicher wie klanglicher Genuss. Davon brauchen wir gerade in diesen Zeiten mehr. Und wer weiß, vielleicht kommt Stefan Jürgens ja bald wieder nach Bonn. Man kann zumindest hoffen.

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