Es ist schon ein bisschen her, dass Jochen Malmsheimer und Frank Goosen als das Duo Tresenlesen gemeinsam auf der Bühne standen. 22 Jahre, um genau zu sein. Ganz schön viel Zeit. Vieles hat sich verändert, allgemein und ganz persönlich: Beide haben Karriere gemacht, Malmsheimer als wortmächtiger Kabarettist mit epischem Erzählstil, Goosen als bodenständiger, liebevoll skizzierender Chronist des Ruhrgebiets-Alltags. Bis die Corona-Pandemie neue (und alte) Formate forderte und Tresenlesen sich wieder vereinte, um gemeinsam mit bissiger Satire, gehobenem Nonsens und ganz großer Fabulierkunst das Publikum zu verzücken. Jetzt haben die beiden im ausverkauften Bonner Pantheon gelesen – und alle Erwartungen übertroffen.
Tatsächlich gelingt es Malmsheimer und Goosen, beinahe nahtlos an ihre alten Erfolge anzuknüpfen. Die Liebe zur Literatur, zum Alltäglichen und zum Absurden eint sie und sorgt nicht nur bei der
Menge im Saal, sondern auch bei den beiden Herren auf der Bühne immer wieder für Erheiterung. Dabei sind die vorgetragenen Texte nicht neu, sondern ganz im Gegenteil eine Sammlung von Höhepunkten
der Tresenlesen-Zeit. Wer zuhört, weiß auch schnell warum. Ob es nun um die Verzweiflung beim Aufbau eines Kleiderschranks, die Irritation angesichts des Einkaufsverhaltens von Omma Goosen oder
die abenteuerlichen Touren in die entlegensten Winkel Deutschlands geht, stets erweist sich die Sprache als derart farben- und facettenreich, komisch und eigenwillig und opulent, wie sie nur
wenige Autoren zu Papier bringen können. Hier erklingt nicht etwa Schimpf und Schande, sondern vielmehr die Sprache der Dichter und Denker in Reinform, poetisch und geerdet zugleich, ordinär wenn
nötig und brillant wann immer möglich. Selbst Fahrten mit einem stuhlgangfarbenen Toyota Corolla samt abnehmbarem Schaltknüppel und instabiler Kurbelwelle werden so zu einem rhetorischen
Ereignis; noch besser ist hingegen die Schilderung der ersten Berlin-Reise, bei der Goosen und Malmsheimer während ihres vierwöchigen Engagements in zwei „Künstlerwohnungen“ nächtigen durften.
Also in einem leeren Geviert beziehungsweise in einem nicht ausgebauten Dachstuhl, bei dem der Weg zum Bad über die Dächer von Berlin führte.
Das Publikum liebt diese Geschichten, in der die Wahrheit ganz eng mit der Absurdität verbunden ist (behaupten zumindest Goosen und Malmsheimer). Und ja, manche Beschreibungen und
Charakterisierungen erkennt man durchaus wieder. Nicht ohne Grund haben einige Texte aus der Tresenlesen-Zeit längst Kultstatus erreicht, darunter der über das bürgerliche Wohnzimmer, das es in
der ein oder anderen Ausprägung einst in vielen Haushalten gab – vielleicht ohne Dackeldame Trixie, aber dafür mit Schrankwand. Überragend auch die Faußball-Konferenzschaltung mit allerlei
abenteuerlichen und abstrusen Begegnungen. Nur Malmsheimer und Goosen können diese Erlebnisse so plastisch schildern, so kauzig und eloquent und zwerchfellerschütternd, dass das Publikum aus dem
Lachen nicht mehr herauskommt, selbst wenn es vielleicht nicht jede Anspielung versteht oder angesichts der enormen Sprechgeschwindigkeit mitbekommt. Zu Recht gibt es am Ende tosenden
Applaus.
Termin: Jochen Malmsheimer und Frank Goosen kommen am 8. Dezember erneut ins Pantheon. Karten erhalten Sie bei allen bekannten Vorverkaufsstellen oder unter www.pantheon.de.
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