Eins muss man ihm lassen, Aynsley Lister bleibt konsequent. Der britische Bluesrock-Gitarrist versucht seit gut zehn Jahren so ziemlich alles, um seine Fan-Basis zu vergrößern, und dabei schreckt er auch nicht davor zurück, sich dem sonst schnell verpönten Mainstream anzunähern und auch mal in selbigen einzutauchen. Gleichzeitig bemüht er sich, seiner musikalischen Heimat treu zumindest im Solo-Spiel zu bleiben – ein Balance-Akt, der nicht immer gelingt. Davon kündet auch das neue Album „Along for the Ride“, das zwar erst in der kommenden Woche veröffentlicht werden soll, das Lister mitsamt seinem Power-Trio aber bereits jetzt in der Bonner Harmonie vorstellte. Souveräne Soli treffen auf glattgebügelte, profillose Songs, die in das eine Ohr hinein- und aus dem anderen wieder hinausgehen, ohne auch nur versucht zu haben, sich festzusetzen. Schade. Denn eigentlich kann Aynsley Lister mehr. Wenn er denn will.
Eigentlich hat der 45-Jährige alle Fähigkeiten, die er innerhalb der recht munteren Blues-Szene braucht. Er ist ein exzellenter, mitunter sogar brillanter Gitarrist mit einer angenehmen Stimme
und einem Gespür für den Blues in der Tradition von Albert King und Eric Clapton. Einst wurde der 45-Jährige sogar mit Joe Bonamassa und Johnny Lang verglichen, galt als junger, aufstrebender
Star mit immensem Potenzial. Doch statt kantiger, kerniger Zwölftakter-Nummern suchte Lister zunehmend nach gefälligen Kompositionen für die breite Masse, die er letztlich doch nicht erreichte.
Was ihn nicht davon abgehalten hat, es mit dieser Mischung weiter zu versuchen. Souverän, aber austauschbar, melodiös, aber ohne Profil versucht Aynsley Lister wie schon vor zehn Jahren, Pop und
Blues zu verschmelzen und damit den großen Durchbruch zu schaffen, während er sich doch letztlich nur im Kreis dreht. Als bestes Beispiel kann dabei die Ballade „Cast the Light“ von dem neuen
Album dienen, die als Ton gewordene Beliebigkeit keinerlei Eindruck hinterlässt, noch nicht einmal einen besonders schlechten. Ähnlich ergeht es „Amazing“, das nach einem starken Intro immer
weiter abbaut. Ein starkes Motiv, eine aufregende Melodie, griffige Harmonien oder ein prägnanter Rhythmus? Fehlanzeige, zumal auch Drummer Craig Bacon und Bassist Jono Martin nur selten
Akzente setzen.
Derartige Entwicklungen sind um so bedauerlicher, als Aynsley Lister durchaus mehr zu bieten hat. Ebenfalls von der neuen Platte stammt das faszinierende „Eve – Part One“, das aus dem
Spannungsfeld zwischen einem James-Bond-Titelsong und einem Pink-Floyd-Stück zu entstammen scheint und damit eine durchaus neue Klangfarbe einfließen lässt, die dem Briten gut zu Gesicht steht.
Gleiches gilt für „World is Falling“, das lediglich an Umfang gewinnen könnte, um sich eindeutiger vom Fragment abzugrenzen. Es sind diese Stücke, bei denen Lister zeigt, was in ihm steckt, bei
denen er wieder an Charakter gewinnt und an Kontur und bei denen er sich seinen frühen Werken annähert. Auch das Publikum, das pflichtschuldigst alle Stücke bejubelt, ist in diesen Momenten
präsenter, wacher und enthusiastischer. Manchmal lohnt sich eben ein Schritt zurück, um vorwärts zu kommen.
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