Ohne Rolf: Schreibfehler im Jenseits

Gott ist ein Hase. Mit Echsenhänden. Und einem Fahrrad. Oder vielleicht ist es doch dieser seltsame Schwarzmagier mit dem großen Hut, der ihm gegenübersteht? Wer ist denn nun Gott, und wenn ja, wie viele? Und was haben diese beiden absurden Inkarnationen in einem Programm von Christoph Wolfisberg und Jonas Anderhub zu suchen, die gemeinsam als das Duo Ohne Rolf dem gesprochenen Wort abgeschworen haben und sich als begnadete Blattländer grundsätzlich nur mit der Schriftsprache in all ihren wunderschönen Ausprägungen verständigen? So viele Fragen, so wenige Antworten. Doch ein paar gibt es im Bonner Pantheon dann doch.

Am Anfang steht der Tod. Der von Jonas, mit dem Christoph einfach nicht zurecht kommt. Da hilft auch kein Konfetti-Wasser mehr. Doch weil Christoph einfach nicht loslassen kann, kommt Jonas eben als Gespenst zurück, um einen klaren Abschluss zu ermöglichen und all die überdimensionierten Plakate ad acta legen zu lassen, mit denen er in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten kommuniziert hat. Für ihn hat es sich ausgeblättert. Jonas soll sich derweil wieder mit dem Leben versöhnen, zumal diverse Suizid-Versuche ohnehin schon gescheitert sind – die Feder mag ja mächtiger als das Schwert sein, aber Papier ersetzt nun einmal weder einen Strick noch eine Guillotine. Doch trotz erster Erfolge in der Trauerbewältigung, einem letzten Clubbesuch mit Geist und einer sehr bewegenden Totenfeier inklusive eines Manövers der vom Publikum gebauten Papierflieger-Staffel will das Ende einfach nicht kommen. Zumal das Jenseits auch nur eine Art Zwischenstation ist. Und noch nicht einmal eine gute.

In ihrem fünften Programm „Jenseitig“ gehen Ohne Rolf aufs Ganze. Die beiden Luzerner nehmen sich auf ihre ebenso absurde wie brillante Art die großen philosophischen und theologischen Themen zur Brust, verhandeln im A1-Format Gottesglauben, Endlichkeit und den Sinn des Lebens und konstruieren dabei große Bögen. Es geht immerhin um nichts geringeres als Sein oder Nichtsein, um die Macht des Glaubens und die Kraft der Worte, um die ganze Fülle menschlicher Emotionen und um die Grenzen der menschlichen Vorstellungskraft, und das mit dem gesammelten Repertoire an Wortwitz, Doppeldeutigkeiten und Anspielungen, das Christoph und Jonas in den vergangenen 18 Jahren zusammengetragen haben. Geschickt jonglieren sie mit Sprache, zaubern mit Schriftarten und verweisen ganz dezent auf die Literaturgeschichte (unter anderem spielen sie auf Samuel Becketts „Warten auf Godot“ und Luigi Pirandellos „Sechs Personen suchen einen Autor“ an). All das ist eingebunden in ein herrlich absurdes, mitunter aber auch überaus tiefsinniges Theater, das ohne gesprochene Sprache auskommt, nicht aber ohne geschriebene. Nur Antworten können auch die beiden Komiker nicht geben. Dafür aber ein paar Anregungen. Und ein paar Überraschungen. Inklusive des Endes, bei dem Jonas und Christoph auf eine ebenso konsequente wie doch auch unerwartete Art und Weise zum Schweigen gebracht werden. Und nein, es hat nicht mit Gott zu tun, weder mit dem Hasen noch mit dem Zauberer. Wer mehr wissen will: Am 12. Mai 2023 sind Ohne Rolf mit „Jenseitig“ in der Comedia in Köln zu Gast.

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