BuJazzO + NJJO: Freundschaftsspiel mit starken Grooves

Anstoß BuJazzO: Diesen kleinen Fußballverweis konnte und wollte sich Dominik Seidler, Projektleiter des Bundesjazzorchesters beim Deutschen Musikrat, im Kölner Stadtgarten nicht verkneifen. Immerhin stand der Nationalauswahl der Bundesrepublik in Sachen Jazz an diesem Abend ihr Gegenstücke aus der Oranje gegenüber – beziehungsweise zur Seite, denn schon bei der Besetzung zeigte sich, dass von einem Duell keine Rede sein konnte. Vielmehr präsentierten das BuJazzO und das Nationaal Jeugd Jazz Orkest (NJJO) ein Freundschaftsspiel, bei dem man sich gegenseitig aushalf, immer wieder in gemischten Formationen spielte und das Miteinander über das Gegeneinander stellte. Das Ergebnis war ein überaus spannendes Konzert mit ganz unterschiedlichen Facetten – und mindestens zwei Gewinnern.

Dabei machte es sich das BuJazzO vergleichsweise schwer, waren doch die Kompositionen des künstlerischen Leiters und Dirigenten Niels Klein alles andere als leichte oder gar gefällige Literatur. Eigenwillig, modern, mit einem Hang zu Dissonanzen und experimentellen Klangeffekten erinnerten die Stücke mitunter eher Collagen denn durchgehenden Werken mit einer klaren Linie. Dem Faible Kleins für die Science Fiction entsprechend durchbrach die Musik die gewohnten Strukturen oder stand – wie bei „Life in Times of the Big Crunch“ – gleich ganz Kopf. Den jungen Musikern verlangte dies alles ab, gab es doch keine Sicherheiten, keine Leitmotive, keine augenscheinlichen Orientierungshilfen. Lediglich „Broken“ war im ersten Konzertteil etwas ruhiger und erlaubte Sängerin Alma Naidu, die als Protegé von Star-Drummer Wolfgang Haffner bereits jetzt eine bemerkenswerte Solo-Karriere gestartet hat, mit ihrer samtigen Stimme zu glänzen.

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Der technischen Komplexität des BuJazzO setzten die Niederländer im Grunde schlichte, aber unglaublich elegant arrangierte Stücke von Maarten Hogenhuis entgegen: Schlaflieder, Vertonungen englischer Neologismen („Sonder“) und ironisch-wuchtige Hymnen auf obskure Erfinder waren auf jeden Fall zugänglicher, wenn auch nicht minder anspruchsvoll zu spielen. Die größte Stärke der Oranje waren jedoch der Groove und die exzellente Dynamik. Power Play traf auf Dribble-Weltmeister, um die Fußball-Metapher noch einmal zu bemühen. Die wuchtigen Bass-Posaunen der Niederländer setzten etwa beim starken „Midgleys World“ bedrohliche Akzente, die aber durch die ungewöhnliche Besetzung der Bigband mit Fagott und Horn schön kompensiert wurden. Ohnehin machte das NJJO so einiges anders, hatte mit vier Instrumentalistinnen eindeutig den Frauenvorteil und wagte es zudem, eine Komposition aus den eigenen Reihen auf die Bühne zu bringen. Ella Zirinas „Learn Know See“ fügte sich dabei perfekt in das restliche Programm ein, das mit dem überwältigenden „Avalanche“ einen fulminanten Schlusspunkt erhielt. Dabei erwies sich Sängerin Jaïnda Buiter, die mit ihrer Altstimme schon zuvor glänzen konnte, als derart großartige Hip-Hop-Performerin, dass ihr zumindest die Auszeichnung als MVP, also als beste Spielerin dieses akustischen Turniers, niemand würde verwehren können. Bleibt zu hoffen, dass dieses Format auch in Zukunft Bestand haben wird. Beim nächsten Mal, so hoffen sowohl das BuJazzO als auch das NJJO, dann wieder mit drei Nationen vereint unter einem Groove: Normalerweise wirkt dabei auch das National Youth Jazz Orchestra aus Großbritannien mit, das in diesem Jahr allerdings verhindert war.

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