Frank Dupree Trio: Zwischen Himmel und Hölle

Es gibt Musik, die Türen öffnet. Musik, die neue Bezüge herstellt, neue Erfahrungen ermöglicht und neue Wege beschreitet, die das Publikum aber gleichzeitig in ihren Bann zieht und in dieses bisher unbekannte Universum aus Ton und Klang führt. Große Kunst, so wie die des Frank Dupree Trios, das im Rahmen des Schumannfests jetzt in der Harmonie zu Gast war und den Balanceakt zwischen Jazz und Klassik auf ganz eigene Art und Weise wagte. Himmlisch, so ließe sich das Konzert beschreiben. Schade nur, dass man dafür zuvor durch die Hölle gehen musste.

Als Gemischtes Doppel hatte das Schumannfest den Abend bezeichnet und der Kombo des 30-jährigen Piano-Virtuosen in Kooperation mit dem feministischen Peng-Festival in Essen das Trio Klein/Debacker/Wittbrodt gegenübergestellt. Die drei jungen Damen liebten das Spiel mit präparierten Instrumenten, und das erschreckend exzessiv: Töne oder gar Harmonien waren bei ihnen Mangelware, vielmehr wurden Klänge durch Geräusche ersetzt und eine Definition von Musik verwendet, in der auch Baustellenlärm einen Platz finden würde. Pianistin Marlies Debacker sägte auch mal mit einem Draht an einer Flügelsaite, Saxofonistin Johanna Klein ließ ihr Instrument jaulen wie eine Katze in der Waschmaschine und Cellistin Emily Wittbrodt erhob genau jenes Quietschen zur Kunst, das schon so manche Eltern bei den frühen Streicher-Versuchen ihres Nachwuchses um den Verstand gebracht hat. Klare Linien oder zumindest der Ansatz von Strukturen, Melodien oder Rhythmen waren dagegen nicht zu entdecken. „Wir versuchen, in der freien Improvisation Bögen zu schaffen“, betonten sie nach einer rund 40-minütigen Orgie der Dissonanz. Es blieb beim Versuch.

Die andere Seite der Medaille präsentierte dann Frank Dupree. Seit gerade einmal zwei Jahren leitet er ein Jazz-Trio, hat sich davor in erster Linie als klassischer Pianist einen Namen gemacht, der unter anderem mit dem London Philharmonic Orchestra und dem Orchestre de Chambre de Paris konzertierte und sowohl mit einem Opus Klassik als auch einem International Classical Music Award ausgezeichnet worden ist. Doch schon die ersten Töne in der Harmonie zeigten, dass er längst darüber hinausgewachsen ist. Im Zentrum seines Konzerts stand der ukrainische Komponist Nikolai Kapustin, der seine Jazz-Kompositionen bis ins kleinste Detail verschriftlichte und auf diese Weise Werke schuf, die höchste Ansprüche an die technischen Fähigkeiten eines Pianisten stellten. Diese nahm nun wiederum Dupree auf, übertrug sie auf sein Trio und ergänzte sie um eigene, atemberaubende Improvisationen. Mit unglaublicher Leichtigkeit jagte er über die Tasten, spielte Bebop, Blues, Swing und mehr, jeden Stil durchdringend und um seine eigenen Ideen erweiternd, ohne dabei sein Publikum vor den Kopf zu stoßen. Dabei half auch, dass Dupree ein begnadeter Moderator ist, der die Besonderheiten seiner Musik gut zu vermitteln verstand und trotz aller erklärenden Worte immer wieder ungläubiges Staunen elizierte. So manchem Klassik-Fan öffnete er dadurch die Tür in die Welt des Jazz, die er selber gerade erst zu entdecken beginnt und die er doch schon meisterhaft durchdringt. Seine beiden Trio-Kollegen Jakob Krupp (Bass) und Meinhard „Obi“ Jenne (Schlagzeug) trugen zweifeslfrei auch ihren Teil dazu bei und setzten etwa beim Samba „Aquarela do Brasil“ großartige Akzente. Davon bitte mehr.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0