„Handmade“: Eigenwillige Handarbeit

Keine Tricks, keine Technik, alles echt und handgemacht: Mit diesem Motto wirbt die neue GOP-Show „Handmade“ für ihre ganz eigene Mischung aus abstrusem Klamauk, leidenschaftlicher Musik und innovativer Artistik. Nichts aus der Konserve, alles frisch zubereitet, exklusiv für das Varieté, so wie man das normalerweise auch erwartet. Klingt gut. Ist es auch – insbesondere dann, wenn ein Schweizer Duo Hand anlegt und ihren Nummern einen ganz besonderen, einzigartigen Touch verleiht. Jetzt ist das Programm in Bonn zu sehen.

Im Grunde greift das GOP bei „Handmade“ zu den selben Schlagworten wie immer, verspricht „prickelnde Akrobatik“ und „mitreißende Live-Musik“, „trickreiche Jonglage“ und „brillante Unterhaltung“. Doch in vielen Momenten trifft dieser Werbe-Slang voll ins Schwarze. Das liegt nicht nur daran, dass das GOP einmal mehr einige der besten Artisten der Welt für sich gewinnen konnte, sondern auch solche, die ständig nach neuen Wegen suchen, um ihre Kunst zu erzählen. Und darin ist das Duo EINZ unschlagbar, ganz ohne Rekorde oder spektakuläre Effekte. Esther und Jonas Slanzi machen einfach so manches anders. Ihre Jonglage findet auf einem schräg stehenden Tisch statt, auf dem ein gutes Dutzend Glasflaschen kunstvolle Bahnen ziehen; ihre Diabolo-Nummer kommt zwischenzeitlich auch ganz ohne den eigentlich zentralen Doppelkegel aus, der sonst auf dem Seil hin und her tanzt; und ihre Vertikalseil-Kunst läuft über Flaschenzüge, so dass sie sich mit ihrem eigenen Körpergewicht unter die Hallendecke schießen können. Diese Art der Kreativität bringt Schwung in die Show, die auch ansonsten mit starken Nummern aufwarten kann. Herrlich etwa Andreas Jordan, der seine Flummi-Ringe nicht nur nach oben, sondern auch nach unten jongliert und damit zum legendären Zirkus-Festival „Cirque de Demain“ nach Paris eingeladen wurde – eine Ehre, die nur den Besten vorbehalten ist. Dabei dürfte nicht nur die Technik, sondern auch die Präsentation im Stil der 20er Jahre ausschlaggebend gewesen sein, die im GOP hervorragend ankommt. Gleiches gilt für die Handstand- und Vertikaltuchnummern von Veronica Fontanella, die Andreas Jordan übrigens noch von der Staatlichen Artistenschule Berlin kennt (so klein ist die Welt) oder für die herrlich poetische Cyr-Darbietung von Fenja Barteldres. Und dann wäre da noch das atemberaubende Duo Prime mit einer Partnerakrobatik auf allerhöchstem Niveau, kraftvoll und ästhetisch wie nur wenige andere Darbietungen dieser Art.

Handgemacht ist aber auch die Musik, für die das Comedy-Duo Lonely HusBand verantwortlich ist. Nicht jedes Stück wird live gespielt, obwohl der übertrieben selbstbewusste Dampfplauderer Rick van Nöten (Stephan Mazoschek) und sein leicht vertrottelter Kollege Ferdinand Fachblatt (Ulrich Beckers, das eigentliche Genie hinter den Kompositionen und Arrangements) immerhin noch drei Akrobaten zu Bedarfs-Instrumentalisten umerzogen haben; die Stücke im Hintergrund der Artistik-Darbietungen stammen aber dafür alle aus ihrer Feder. Gleichzeitig agieren sie – und insbesondere van Nöten – als Moderatoren mit Spaß an frotzelnden Publikumsinteraktionen und Musik-Comedy, erhalten dafür aber schlichtweg zu viel Raum. Eine typische GOP-Schwäche, zumal das Duo zumindest bei der Premiere nicht ganz auf der Höhe war, Intonationsprobleme hatte und offenbar auch nicht ideal ausgesteuert war. Das dürfte sich aber in ein paar Tagen eingespielt haben und „Handmade“ noch ein bisschen überzeugender machen. Bereits am ersten Tag erhielt das Ensemble aber schon zu Recht stehende Ovationen.

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