Gustav Peter Wöhler: Die Kunst des Understatements

Da tanzt er wieder, hemmungslos, mit wild schwingenden Armen, ein bisschen unbeholfen, eigenwillig, eigenartig, so wie es einst viele Jugendliche auf Partys und in Diskotheken taten, vor allem jene, die nicht selbstbewusst genug waren, um ihre Bewegungen als cool zu verkaufen, aber so musikverrückt, dass sie sich einfach bewegen mussten. Ersteres trifft auf Gustav Peter Wöhler längst nicht mehr zu (wenn überhaupt), letzteres auf jeden Fall. Die Auftritte mit seiner Band sind die zweite Leidenschaft des feinsinnigen Schauspielers, der liebevoll Pop- und Rock-Klassiker neu interpretiert, ganz reduziert, ausschließlich akustisch und mit viel Gefühl. So wie jetzt im Pantheon, wo er dem Publikum einen wunderbaren Abend beschert.

Zugegeben, Wöhler ist kein brillanter Sänger, der jeden Ton trifft und sich ohne mit der Wimper zu zucken in höchste Höhen oder dunkelste Tiefen stürzt, weil die Bandbreite das eben möglich macht.  Nein, das ist er wirklich nicht, will er auch gar nicht sein – und überzeugt gerade deswegen. Denn seine Musik – allesamt Cover-Versionen von mehr oder weniger bekannten Songs der 70er und 80er Jahre –  kann man zumindest als ehrlich bezeichnen, als authentisch und wahrhaftig, häufig gefühlvoll, mitunter fast schon brav, aber nie langweilig. Das liegt zum einen an den exzellenten Arrangements, aber auch an Wöhlers Erzählkunst, dank der er die Lieder lebendig werden lässt. Mal kündigt er sie augenzwinkernd an, so wie bei Joe Jacksons „Be My Number Two“, das wohl jetzt einige Wochen und Monate lang für das Publikum den Geruch von Roquefort-Käse mit sich tragen wird, dann wieder mit viel Gefühl, so wie bei Paul Simons „Something So Right“. Schöne Stücke, bei denen Wöhler allerdings immer aufpassen muss, dass er nicht zu zurückhaltend agiert und bremst, was ihn ausgerechnet bei der Zugabe „Why“ von Annie Lennox fast zum Stolpern bringt. Besser ergeht es ihm immer dann, wenn er ein bisschen tänzeln darf, bei der Stones-Nummer „Mother's Little Helper“ zum Beispiel, bei Jackson Brownes „Running On Empty“ oder bei „Eye In The Sky“ von The Alan Parsons Project.

Den Höhepunkt setzt Gustav Peter Wöhler im zweiten Teil des Konzerts, mit „Ring Of Fire“. Auch hier setzen er und seine Band auf die Reduktion, versuchen gar nicht erst, Johnny Cash zu imitieren, bringen lieber ihre eigenen Akzente ein und machen sich den Klassiker so geschickt zu eigen. Gitarrist Mirko Michalzik holt das Bottleneck raus, Bassist Olaf Casimir gibt sich wunderbar entspannt und Pianist Kai Fischer hält sich zurück und dennoch alles zusammen. Klasse. Das sorgt einfach für gute Laune, ebenso wie die darauffolgende Cure-Hymne „Friday I'm In Love“. Ja, da will Wöhler zweimal zu früh in eine Strophe einsteigen, was ihn auch zu einem Mea-Culpa-Kniefall vor seiner Band verleitet. Ist aber egal. Das Publikum hat schließlich Spaß, und Wöhler offensichtlich auch. Denn bei dieser Nummer, da tanzt er wieder.

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