Wer ist Tommy Engel? Die Antwort scheint so leicht zu sein. Ehemaliger Frontmann der Bläck Fööss, seitdem solistisch unterwegs, eben einer der ganz Großen im Rheinland. Doch es gibt noch mehr zu sagen. Zum Beispiel zum Namen. „Ich ben keine Engel“, singt der 72-Jährige selbst, „ich heiße nur so.“ Tatsächlich ist der Sänger weit mehr, zum Beispiel eine gute Seele Kölns, die die Ideale der Domstadt hochhält und weiter trägt, die für Toleranz steht, für Lebenslust aber auch für eine klare Haltung gegen Nazis und andere Vertreter des rechten Spektrums. Im Pantheon hat er nun anlässlich seines 60-jährigen Bühnenjubiläums, das er wegen Corona mehrfach verschieben musste, all diese Facetten aufleuchten lassen – und bei aller Freude auch ernste Töne angeschlagen.
Schon der Auftakt des Konzerts steht im Zeichen des Ukraine-Kriegs: Mit einer kölschen Version von John Lennons Friedenshymne „Imagine“ laden Tommy Engel und seine Band zu einer nicht immer
chronologischen Zeitreise ein, die immer wieder auch in Gegenwart und Zukunft führt. „Eigentlich will ich ja nur Musik machen und das Publikum unterhalten“, betont Engel, „aber ich kann nicht
einfach zur Tagesordnung übergehen bei dem, was in der Ukraine oder anderswo auf der Welt passiert.“ Insofern verlangt der Abend nach einer Balance zwischen Jubel und Ernst, mit Gute-Laune-Songs
und nachdenklichen Liedern. Was schon alleine deshalb gelingt, weil Engel immer auch sozialkritische Positionen vertreten hat, ob mit oder ohne die Bläck Fööss. Schon „Drink doch eine met“ war
stets mehr als ein Karnevalslied – und für Tommy Engel der Beweis, dass eine Rock-'n'-Roll-Band auch mit kölschen Texten erfolgreich sein konnte. Die zuvor mit anderen Beat-Formationen
aufgenommenen englischsprachigen Titel, bei denen er während seiner Schulzeit als Schlagzeuger aktiv war, blendet Engel übrigens in seinem Rückblick aus.
Ohnehin ist Engels Verhältnis zu den Bläck Fööss offenbar immer noch ambivalent. Auf der einen Seite liebt er die Songs jener Zeit, die er mit seiner markanten Stimme maßgeblich geprägt hat und
die er während des Konzerts immer wieder einstreut (darunter „Ene Besuch im Zoo“, „Katrin“ und „Ming eeste Fründin“, allesamt aus der Feder von Hans Knipp), auf der anderen schweigt er bis heute
zu den Gründen für die Trennung im November 1994, wenige Monate vor dem 25-jährigen Jubiläum der Band. Stattdessen springt Engel zu seiner Zeit mit dem Trio L.S.E. (zusammen mit Arno Steffen und
Rolf Lammers) und schließlich zu den ersten Versuchen allein auf der Bühne. Letzteres hat er zusammen mit Keyboarder Jürgen Fritz im Stück „Solo“ zusammengefasst.
Obwohl Tommy Engel immer wieder starke eigene Stücke geschrieben hat, liebt er doch auch das Spiel mit Übersetzungen anderer Hits. Zuccheros „Senza una donna“ hat er ebenso in die von ihm so
geliebte kölsche Sprache übertragen wie „Music“ von John Miles oder „Ain't no sunshine“ von Bill Withers, das im Herbst auf einer bislang unbenannten neuen CD erscheinen soll. Gleiches gilt für
„Alles für de Pänz“, das Engel für all jene Kinder schrieb, die überall auf der Welt unter Gewalt und Krieg besonders leiden. „Diesen Gedanken kann ich kaum aushalten“, betont Engel.
Mehr als zwei Stunden lang gewährt Engel so kurze Einblicke in sein Leben, sein Denken, sein Fühlen und seine Musik, abwechslungsreich, unterhaltsam und mitunter auch mahnend. Das Publikum ist
begeistert, und am Ende stehen schließlich alle zusammen, im wörtlichen wie im übertragenen Sinne: „En unserem Veedel“, das wie nur wenige andere Lieder am Zentrum der kölschen Seele rührt,
erweist sich als krönender Abschluss eines starken Konzerts.
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