Abdelkarim: Humor mit Farbskala

Es gibt Fragen, bei denen Abdelkarim nicht weiß, ob er darüber lachen oder sich aufregen soll. „Woher kommst du?“, zum Beispiel, und zwar mit der unausgesprochenen Implikation, dass Bielefeld als Antwort nicht akzeptiert wird. Diese Art von Alltags-Rassismus, der noch nicht einmal böse gemeint ist und doch strukturelle Schwächen der Gesellschaft offenbart, ist seit Jahr und Tag das gängige Thema aller Ethno-Comedy – und eigentlich hätte man erwarten können, dass Abdelkarim inzwischen über diesen Punkt hinausgewachsen ist und neue Ansätze verfolgt. Im Haus der Springmaus, wo er sein aktuelles Programm „Wir beruhigen uns“ vorstellte, blieb der 40-Jährige mit marokkanischen Wurzeln aber lieber beim Bewährten und lässt so leider manche Chance ungenutzt.

Nicht nur inhaltlich, auch stilistisch wagt Abdelkarim keinen Neuanfang. Seine Show ist eine klassische Stand-Up-Comedy, mitunter improvisiert, dann wieder mit kurz gesetzten Pointen. So erzählt er vom Fernsehen mit der ganzen Familie und den Reaktionen auf semi-erotische Clips, die zu nachtschlafender Zeit auf so manchem Sportkanal liefen, von den Besonderheiten der deutschen Sprache und von Polizeikontrollen, bei denen immer Bürgerinnen und Bürger mit dunkler Hautfarbe herausgepickt werden, wahrscheinlich mit Hilfe der Farbskala. Dazwischen unterhält er sich mit dem Publikum, das daran großen Spaß hat, auch wenn sich der ein oder andere aus den vorderen Reihen ein bisschen zu oft einmischt und versucht, lustiger als der Künstler selbst zu sein – was so gut wie nie funktioniert. Immerhin erweist sich Abdelkarim als schlagfertig und versiert genug, um schnell zurück zu seinem Programm zu kommen. Dieses versucht denn auch, zumindest ansatzweise aktuell zu sein; Allerdings eignet sich der Krieg in der Ukraine wirklich nicht als Grundlage für eine Pointe. Dann doch lieber eine weitere Variante der „Woher kommst du?“-Frage, mit der erwarteten Antwort („Marokko“) und einer Reaktion, die wie so oft eher gut gemeint als gut gemacht daherkommt: „Na ja, Hauptsache Mensch.“

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