Das Leben ist kein Zuckerschlecken, schon gar nicht als Mutter. Mal stresst das eine Kind, mal das andere, meistens alle zusammen; dazwischen noch der Haushalt, die ausgedehnte Verwandtschaft, der eigene Mann, vielleicht auch der eigene Job; und wenn dann der Blick auf die strahlenden Instagram-Mütter fällt, die all das mühelos unter einen Hut bekommen und so ganz nebenbei einen Tag lang mit ihren Sprösslingen basteln können, ohne das am Ende sämtliche Hautflächen, Kleidungsstücke und Wände mit einer Mischung aus wasserfesten Farben, Klebstoffen und Lebensmitteln verziert sind – tja, dann kann frau sich schon mal fragen, ob sich die Welt nicht gegen sie verschworen hat.
So zumindest geht es Eva Karl Faltermeier. Die Kabarettistin und Prix-Pantheon-Preisträgerin grantelt in ihrem ersten Solo „Es geht dahi“ über den Leistungsdruck der Social-Media-Sphäre, über
illusorische Ideale, über Handwerker und über ihre nebelverhangene oberpfälzische Heimat, in der ein Stammbaum des öfteren ein Kreis ist.
Im Gegensatz zu vielen anderen Künstlern ihres Genres, die mit ihrer Herkunft spielen, ist Faltermeier kein Sonnenschein, keine gute gelaunte Seele, die die Eigenheiten der Oberpfalz oder ihrer
Familie einfach weglachen kann. Die 38-Jährige ist zumindest als Bühnenfigur vielmehr eine Leidende, ein Opfer von Depressionen und ihrer Lebensumstände. Nichts ist für sie jemals rund gelaufen:
Die Partnerwahl ist schon schwer genug, wenn jeder Mann im heiratsfähigen Alter zumindest ein entfernter und oft genug ein naher Verwandter ist, und eine „Waschbrettbrust“ (O-Ton Faltermeier) ist
dabei auch nicht gerade förderlich. Gepaart mit Kommentaren der an ihr zweifelnden Familie, Terminschwierigkeiten beim Umbau einer Scheune und dem Wissen, dass außerhalb des Nebels sogar im
Winter die Sonne scheint, sind Minderwertigkeitsgefühle die logische Konsequenz. Die spielt Faltermeier denn auch genüsslich aus, lässt sich Zeit für gute Pointen und verknüpft all dies mit so
manchen gesellschaftskritischen Einwürfen. Die Heuchelei all jener, die sich für Nachhaltigkeit aussprechen und dann mit dem Flieger auf die Malediven fliegen, Kleidung aus Bangladesch tragen und
in den sozialen Netzwerken exotische Bowls mit der CO2-Bilanz eines Kleinwagens aus den 1960ern anpreisen, regen Faltermeier ebenso auf wie die ganzen Fußball-Enthusiasten, die der WM in Katar
entgegenfiebern und die 15.000 Gastarbeiter, die während der Bauarbeiten starben, willentlich verdrängen. Dagegen sind die persönlichen Sorgen doch banal. So wie die InstaMoms.
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Johann Gruber (Donnerstag, 12 September 2024 22:30)
Sah gerade Eva-Karl im Vereinsheim: Einfach peinlich, neuer Optiker empfohlen und besseren Maleranzug würde nicht schaden. Gut, das ich aus der Oberpfalz weggezogen bin.