An und für sich ist das Thema klar umrissen: In seinem neuen Programm will Konrad Beikircher – so betont er – die vergangenen zwei Jahre Revue passieren lassen, die Pandemie im weltgeschichtlichen Zusammenhang einordnen und sich über Seuchen im Allgemeinen und Corona im Besonderen auslassen. Soweit der Plan. Doch wer Beikircher kennt, der weiß, dass es meistens anders kommt. So auch im gut gefüllten Pantheon, dem zweiten Wohnzimmer des 76-Jährigen. Zwar blickt Beikircher durchaus zurück, streift das Virus aber nur am Rande; immerhin gibt es viel zu erzählen und noch mehr zu verzällen (ja, das ist ein Unterschied), vor allem über die beiden katholischen Hardliner und Problem-Kardinäle Meißner und Woelki, über die sich Beikircher immer wieder aufs Neue aufregen kann. „Wenn et nur Corona gewesen wäre“, sagt er und schüttelt mit dem Kopf. Die Pandemie, die kann man zumindest ansatzweise verstehen. Die Kirche nicht.
Dabei hätte Beikircher auch über Corona einiges sagen können. Pandemie und Hysterie, Lockdown und Lockerung, Drosten und Streeck und Xavier Naidoo – darüber kann man sich schon einen ganzen Abend
lang unterhalten. Zumal Beikircher das Virus näher kennenlernte, als ihm lieb war:
Eine Woche nach einem OP-Termin habe er Corona bekommen und drei Tage ziemlich damit zu kämpfen gehabt. Dann aber war Ruhe. An Woelki hat er dagegen immer noch zu knabbern, an den
Missbrauchsfällen, an der unversöhnlichen Haltung gegenüber anderen Konfessionen, an der Begleichung von Spielschulden eines Priesters in Millionenhöhe. Wer Katholiken mit der Exkommunikation
droht, wenn sie an einem evangelischen Abendmahl teilnehmen, aber gleichzeitig einen Pfarrer befördert, der Sex mit einem 17-Jährigen gehabt haben soll, der ist selbst für den harmoniesüchtigen
Beikircher ein rotes Tuch. Und wenn das letztlich bedeutet, dass in der ersten Programmhälfte Corona nur eine Randnotiz bleibt, dann ist das eben so. Man muss schließlich Prioritäten
setzen.
Die Kunst der Abschweifung zelebriert Beikircher seit Jahren wie kein anderer. Mühelos kann er die ausgefallensten Bögen schlagen, von der Pandemie über China über Verschwörungstheorien bis hin
zu Heinrich Lübke, der vor dem Himmelstor an einigen Fragen von Petrus scheitert, aber zugleich mit seinen rhetorischen Missgriffen dafür verantwortlich war, dass man im Ausland keine Angst mehr
vor den Deutschen hatte. Da gibt es einen Zusammenhang, davon ist Beikircher felsenfest überzeugt, und einem wie ihn kauft man selbst diese augenzwinkernden Aussagen gerne ab. Das Publikum hat
auf jeden Fall seinen Spaß, fordert mehr derartige Verzällchen – und bloß keine Corona-Geschichten. Davon haben inzwischen alle die Nase voll. Konrad Beikircher vermutlich auch. Und so dürfte es
nicht überraschen, dass der ursprüngliche Plan einer Aufarbeitung von Seuchen letztlich zu einer kabarettistischen Fußnote wurde. Eine gute Entscheidung.
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