Roland Jankowsky: Die Opfer der Weißwurst-Mafia

Roland Jankowsky scheint ein Faible für skurrile Gestalten zu haben. Die bekannteste Rolle des TV-Schauspielers, die des vornamenlosen Kommissars Overbeck in den „Wilsberg“-Krimis, ist schließlich vieles, aber sicher nicht gewöhnlich, und auch die Geschichten, die der 54-Jährige in Sammelbänden herausgibt und auf seinen Lesereisen vorträgt, sind ziemlich schräg, mitunter gar völlig absurd. Und ziemlich komisch, vor allem da Jankowsky als Sprecher brillant ist: Mühelos meistert er die Klaviatur seiner Stimme, keift und grummelt, flucht und faucht, wechselt sekundenschnell zwischen Dialekten und Emotionen und hat so viel Freude daran, dass sich kein Zuhörer dem entziehen kann. So wie jetzt im gut gefüllten Pantheon, wo Jankowsky unter anderem aus dem Leben einer kölschen Meldeamts-Angestellten erzählte – und die Geheimnisse der Weißwurst-Mafia offenbarte.

Natürlich kommt es nicht von ungefähr, dass gewisse Absprachen in Oberbayern ähnlich ablaufen wie auf Sizilien. Schließlich haben sich einige Sizilianer mit deutschen Wurzeln einst die Herrschaft über diesen Landstrich gesichert, mit Schwarzgeld und Leichensäcken; so erzählt es zumindest Angela Esser in ihrer „Bayerischen Henkersmahlzeit“, die Jankowsky geschickt mit so manchen Anspielungen an Film und Fernsehen spickt, indem er unter anderem den Paten zitiert und Star-Wars-Tollpatsch Jar Jar Binks imitiert. Genüsslich lässt er Hauptfigur Eduardo, einen alternden Capo mit einem Hang zu Spezialitäten aus Freising, durch die Gegend reisen, um stellvertretend für seine Mama und einige andere Tote ihre Henkersmahlzeit zu verspeisen und dabei ganz nebenbei den ihm aufgezwungenen Erben mit Weißwürsten in den Wahnsinn zu treiben.

Ohnehin ist der Wahnsinn ein wiederkehrendes Motiv. In Martina Kempffs „Der Teich“ befällt dieser einen Mann, der in seinem Garten einen kleinen Ozean anlegt und darüber einen ständig eskalierenden Krieg mit dem Nachbarsjungen anfängt, auf den das Wasser eine magische Anziehungskraft ausübt; und in Brigitte Glasers „Publikumsverkehr“ rastet ein ungeduldiger und leicht aufbrausender Mann aus, weil er auf dem Amt so lange warten muss. In beiden Fällen gibt es Tote. Und viel Gelächter im Saal, nicht zuletzt dank Jankowskys Talent als vielseitiger und wandlungsfähiger Sprecher. Die Chancen stehen daher gut, dass er wiederkommt. Ein paar andere Programme mit noch mehr eigentümlichen Fällen hat Jankowsky auf jeden Fall in petto.

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