Was macht eine Dame von Welt aus? Dass sie „Nein“ sagen kann. Am besten in 18 Sprachen, auf jeden Fall aber mit Nachdruck. Außerdem ist sie natürlich elegant, extravagant und einzigartig, genießt das Leben in vollen Zügen, hat ihren eigenen Kopf, vermag diesen auch zu nutzen und geht allen Hindernissen zum Trotz ihren Weg. Selbst wenn Frau sich selbst sabotiert. Damit kennt sich Evi Niessner bestens aus. Endlich will sie ihr eigenes kleines Cabaret eröffnen, ein Etablissement mit Stil und so manchem kapriziösen Amüsement – doch ihr zweites Ich will davon nichts wissen. Diesen inneren Konflikt fechtet die Niessner nun in ihrem neuen Solo-Programm „Mondän“ aus, mit jeder Menge Chansons und Couplets aus den 20er und 30er Jahren und mit so mancher verrückten Idee. Jetzt war Miss Evi im Pantheon zu Gast.
Die Goldenen Zwanziger haben schon immer einen besonderen Reiz für Evi Niessner gehabt. Die ausgebildete Opernsängerin begann ihre Bühnen-Karriere mit den Schlagern jener Ära und ist dabei geblieben, bei Kurt Weill und Fritz Grünbaum und Austin Egen und all den anderen Komponisten und Textern. Die von ihr produzierte und moderierte Burlesque-Show „Glanz auf dem Vulkan“ setzt an der selben Stelle an und spielt so manche Fantasie aus, die in Niessners Solo der Vorstellungskraft überlassen wird. Und der Musik. Begleitet von Benedikt Fox am Klavier trällert die Diseuse mit der großen Stimme Lieder von Verführerinnen und Abenteurerinnen, von Luxusweibern und Sklavinnen des Lasters, von russischen Spelunken und wilden Tanzclubs, mal mit ein bisschen Vibrato, dann wieder mit hemmungsloser Verruchtheit. „Wer löscht mein Feuer, meinen Brand nach Leben“, sagt Niessner einmal und zieht diese Frage noch in der selben Sekunde zurück. Die Lust am pulsierenden, vibrierenden Berlin mit all seinen Lastern ist für sie, die aufgekratzte Diva, doch ihr eigentliches Ambrosia. Das und der Applaus des Publikums, der ihr im Pantheon natürlich sicher ist. Ob mit oder ohne Cabaret.
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