Loisach Marci: Techno mit Urton

Volxmusik ist nicht gleich Volksmusik. Der Unterschied mag dank der nur leicht veränderten Schreibweise und der identischen Aussprache zunächst nur marginal erscheinen, doch spätestens wenn die ersten Töne von Loisach Marci durch den Saal der Harmonie schallen, ist klar, dass es hier um etwas ganz Anderes geht, um etwas Neues. Um Alphorn-Techno. Mit bairischem Rap, Waldhorn-Soli und krachenden Gitarrenriffs. Klingt seltsam, funktioniert aber. Und zwar extrem gut.

Die eigenwillige Fusion von Marcel Engler, stilecht in Lederhosen-Tracht samt Filzhut, und Jens-Peter Abele, dessen glitzernde Kostümierung aus dem Fundus von Modern Talking stammen könnte, fährt direkt in die Beine – und lässt dann auch verschmerzen, dass die ebenfalls angekündigte Band „Die Fexer“ wegen zwei Coronafällen nicht auftreten kann. So wird das Gipfeltreffen der Neuen Alpinen Volxmusik erzwungenermaßen zu einem Doppelkonzert, das aber eindrucksvoll zeigt, was Bayern abseits der traditionellen Klischees musikalisch zu bieten hat.

 

Bevor Loisach Marci dem Publikum einheizen, sorgt der Weiherer für gute Laune, und das mit einer Selbstverständlichkeit, dass es eine Freude ist. Das Spiel mit der Menge beherrscht der Liedermacher ebenso gut wie seine Mundharmonika und seine Gitarre. Mühelos bezieht er die Leute immer wieder in sein Konzert ein, initiiert einen Dialog und schafft damit eine gemeinsame Basis für seine bissigen, sozial- und politikkritischen Texte. Gerne keilt er gegen die CSU-Granden, gegen Markus Söder und gegen Alexander Dobrindt, doch ebenso leidenschaftlich feuert er gegen Supermarkt-Konzerne, die mit ihren Prospekten jeden Briefkasten zumüllen. Weiherers Lösung: Wann immer er an einer Kasse nach seiner Postleitzahl gefragt wird, nennt er die von Brunsbüttel. „Wenn das jetzt alle täten, was glaubt ihr, was hinterher bei der Datenauswertung herauskommt“, sagt er und lacht. An dem Gedanken hat er Spaß. Das Publikum auch.

Nach dem Vergnügen kommt schließlich die Arbeit, zumindest für die Füße, die angesichts der pulsierenden Beats von Loisach Marci einfach nicht stillhalten können. Das Alphorn, für das die Harmonie extra die Bühne verlängert hat, agiert als Subwoofer und schickt immer wieder Urtöne in den Saal, während Marcel Engler seine Hand auf- und abwippen lässt, wie es sich für einen Techno-DJ nun einmal gehört. Dann wieder bläst er ins Waldhorn, trommelt wilde Rhythmen auf Kuhglocken, spielt mit Reglern und singt Verse ins Mikrofon, die kaum jemand versteht, was in diesem Moment aber völlig egal ist. Dafür ist der Klangkosmos, den Jens-Peter Abele mit seinem versierten Gitarrenspiel nur noch erweitert, einfach zu faszinierend, und die Show schlichtweg zu skurril. Und zu gut. So also geht Volxmusik. Mit einem dicken X, jeder Menge Kreativität, einer Spur Wahnsinn und dem Willen, Altes und Neues zu vereinen. An diesem Abend hat das geklappt. Und wenn es nach Harmonie-Betreiber Bert Jakwerth geht, soll das Konzept im nächsten Jahr fortgeführt werden. Ohne Corona. Aber vielleicht wieder mit Alphorn.


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