Die Zimtschnecken: Swingende Singles im Liebeswahn

Wer braucht schon Männer? Die Zimtschnecken auf jeden Fall nicht. Zumindest nicht auf Dauer. Gut, den ein oder anderen Urlaubsflirt mit einem rassigen Spanier sind die drei Damen keineswegs abgeneigt, aber eigentlich genießen die reinkarnierten Andrews Sisters in Malentes Theaterpalast das Single-Leben in vollen Zügen. Na ja, mehr oder weniger. Denn so ganz ohne das andere Geschlecht ist es auch nicht so prickelnd. Und so dürfte es nicht überraschen, dass das Programm der Hamburgerinnen zwischen Freiheit und Verlangen changiert, zwischen dem Zug ins neue Leben und den sehnsüchtigen Erinnerungen an die aphrodisierende Fischbeker Heide. Das alles natürlich dreistimmig, pfiffig, mitunter ganz schön frivol – und vor allem mit dem Beweis, dass auch deutsche Texte swingen können.

Drei Tage lang gastieren die Zimtschnecken in dem Spiegelzelt an der B9, um die Lieder der Andrews Sisters neu zu interpretieren. So trifft „Sing Sing Sing“ auf „Cheek to Cheek“, „In the Mood“ auf den „Chatanooga Choo Choo“ und die „Moonlight Serenade“ auf „It don't mean a thing“, nur eben mit hanseatischer Poesie statt mit amerikanischem Sweatheart-Charme, dafür aber stilecht in 30er-Jahre-Matrosenanzügen und keck schräg sitzenden Hütchen. Da wird kurzerhand die Boogie-Woogie-Blaskapelle Boberger Loch statt des Boogie Woogie Bugle Boys besungen oder ein Caipirinha statt einer Rum-Cola gemischt, und irgendwie passt alles zusammen. Die Texte aus der Feder von Anne Weber und die exzellenten Arrangements von Sörin Bergmann fügen sich nahtlos zusammen, fast als hätte es sie schon immer gegeben. Süßer Swing, manchmal beschwipst, aber nur ganz selten so banal wie „Es riecht nach Mann“, der Zimtschnecken-Version des Weather-Girls-Evergreens „It's raining men“. Auf die Nummer hätte das Damen-Trio ruhig verzichten können. Dafür setzen sie mit ihrer Version von Charlie Chaplins „Smile“ einen Höhepunkt: Ihr „Spiel“ passt inhaltlich mindestens ebenso sehr auf den Stummfilmstar wie der Ursprungstext aus den 50er Jahren und sorgt für einen echten Gänsehaut-Moment.

Der Großteil der Show zielt aber auf das Zwerchfell, mitunter mit schlüpfrigen Anspielungen und rolligen Barhocker-Reibereien, aber auch mit Einbeziehung von Michael aus Bad Honnef. Der könnte nämlich nach Ansicht von Victoria Fleer genau der richtige Mann für Zimtschnecke Anne sein – und auch wenn diese Romanze mit einer eigens angepassten, improvisierten „Cheek to Cheek“-Version schon im Keim erstickt wird, kehrt zumindest Victoria immer wieder zu ihrem willigen Opfer in der ersten Reihe zurück. So ganz können die Zimtschnecken die Finger eben doch nicht von den Männern lassen. Ein Glück. Sonst würde es die Show bei Malentes wahrscheinlich nicht geben.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0