Stoppok: Ein ganz besonderer Spezialist

Corona? Kennt Stoppok. Hat er gehabt. Ist doof, braucht man nicht. Aber sich klein halten lassen, von so nem Virus? Nicht mit ihm, nicht mit Stoppok. Seit 40 Jahren tritt er Solo auf, da will er jetzt nicht damit aufhören. Also spielt er wieder auf seinen diversen Gitarren, vor allem auf der alten verschrammelten, die schon so viel erlebt hat und die gerade deswegen genauso gut und eigensinnig klingt wie ihr Besitzer. Der ist genau so stark wie eh und je, ein Alleinunterhalter mit jeder Menge Blues und jeder Menge Witz, ein Querdenker im positiven Sinne des Wortes, der gerne mal um die Ecken und über seinen Tellerrand hinausschaut und der dann doch letztlich wieder einfache Lieder für einfache Leute schreibt, und von Alltagsbanalitäten singt, die durch Stoppok auf einmal einen Hauch von Poesie versprühen. In der Harmonie sorgt er so für ausgesprochen gute Laune – und bringt die Menschen mit seiner Musik wieder näher zusammen.

Natürlich weiß Stoppok um seine Verantwortung: Immerhin war er es, der die Pandemie ausgelöst hat, weil er ja unbedingt sein Album „Jubel“ herausbringen musste und nicht an die Konsequenzen gedacht hat. Er, der sich nie um Chart-Erfolge oder Radio-Quoten geschert hat und der gerne zwischen allen Stühlen sitzt, ist schuld. Sagt er zumindest. Dann muss es ja stimmen. Nur im Saal, da ist man sicher. Alle geimpft und geboostert und wie in Stoppoks Fall genesen, und alle hier im vollen Bewusstsein, was bei so einem Konzert passieren kann. Warnung: Könnte Spuren von Blues enthalten. Und der Stoff ist wirklich hochgradig ansteckend, vor allem mit Stoppok als Patient Null. Schon beim dritten Lied zeigen sich Symptome: Auf einmal wollen alle mitsingen, zumindest den Refrain, und auch wenn die vergangenen zwei Jahre im Home Office offensichtlich eine Art Schutz gegen jegliches Gefühl von Gemeinschaft aufgebaut haben, ist die Musik stärker. Spätestens ab der dritten Wiederholung ist das Publikum wieder auf einer Wellenlänge. „Alles klar“, erschallt es aus hundert Kehlen, und das ist keineswegs gelogen. Höchstens ein wenig untertrieben.

So spielt sich Stoppok durch den Abend, mit dem „Schieber-Blues“ und dem „Spezialisten-Blues“, den er für Karl und alle anderen Lauterbachs wieder im Programm hat und bei dem er auf einmal Wortfindungsschwierigkeiten bekommt. Ist nicht schlimm, auf den Refrain kommt es schließlich an. Und auf das Gefühl, dass während des Konzerts entsteht, diese wohlige Wärme, wenn man wieder mit wildfremden Menschen lachen und jubeln darf. Und singen, was nach der Pause schon sehr viel besser funktioniert, bei „Tanz“ etwa oder bei „La Kompostella“. Es sind Songs mit Haltung, die Stoppok anstimmt, manche kritisch („Verjubeln“), manche zärtlich („Jede Stunde“) und manche traurig, so wie „und retour“, eines von vielen Titeln, die der 65-Jährige einst mit dem im November verstorbenen Bernie Conrads schrieb. Und dann wäre da noch „Pack mit an“, dieses kleine Stück voll Hoffnung, dass die Gesellschaft einmal an einem Strang ziehen wird und die Welt rettet, statt sie zu zerstören. „Das sind die wohl naivsten Zeilen, die ich jemals geschrieben habe“, gesteht Stoppok. „Aber die Welt braucht auch solche Lieder.“

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