„Der Kredit“: Frauenversteher unter sich

3000 Euro? Ein Pappenstiel für eine Bank. Doch wenn es um Darlehen geht, sind die Berater knallhart. So wie der junge, smarte, erfolgreiche Filialleiter Götz (Patrick Dollmann) in Jordi Galcerans Komödie „Der Kredit“, die jetzt im Kleinen Theater Bad Godesberg eine umjubelte Premiere feierte. Götz ist stolz darauf, dass er sich grundsätzlich nicht erweichen lässt, ob seine Kunden ihn nun beknien oder in Tränen ausbrechen; stets bleibt er charmant, in der Sache aber unerbittlich. Keine Sicherheiten, kein Geld, noch nicht einmal einen Cent, das ist einfache Mathematik. Doch bei Anton Schmidt (Claus Thull-Emden) stößt er mit diesem Verhalten auf taube Ohren. Immerhin verfügt dieser unscheinbare Mann über ein geheimes Talent: Er ist ein Frauenflüsterer, und er ist bereit, diese Fähigkeit einzusetzen, wenn ihn die Umstände dazu zwingen. „Wenn Sie mir den Kredit nicht geben, dann schlafe ich mit ihrer Frau“, sagt er. Eine absurde Behauptung. Oder doch nicht?

Haus-Regisseur Stefan Krause hat „Der Kredit“ als zunächst feinsinniges und dann immer mehr in den Irrsinn abdriftendes Zwei-Personen-Stück inszeniert, das ebenso sehr in die Psyche der Menschen eintaucht wie in die offenkundigen Muster des modernen Boulevardtheaters. Geschickt spielen Dollmann und Thull-Emden, die der breiten Öffentlichkeit bislang vor allem durch die ARD-Telenovelas „Sturm der Liebe“ respektive „Verbotene Liebe“ bekannt waren, mit Tempo und Dynamik, bauen sowohl Komik als auch Tragik vorsichtig auf und gelangen so zu einem Feuerwerk an Pointen, so dass das Publikum vor Lachen nicht mehr zum Atmen kommt. Gleichzeitig ist es fast schon bedauerlich, dass „Der Kredit“ auf diese Weise im Klamauk endet – denn im Vergleich zur ersten Hälfte nimmt zwar die Pointendichte zu, die Textqualität aber ab. Aus einer Szenerie, die in ihrer unschuldigen Absurdität durchaus von Loriot stammen könnte, wird nach und nach ein physisch geprägter, völlig überdrehter Slapstick im Stil von Louis de Funès. Erstaunlicherweise funktioniert beides. Wenn auch auf ganz unterschiedlichen Ebenen.

Es spricht für Dollmann und Thull-Emden, dass man ihnen beides abnimmt, die brachiale körperliche Komik ebenso wie die sprachliche. Ersterer mimt den selbstsicheren neoliberalen Bänker, der immer unsicherer wird und am Ende als seelisches Wrack mit einer Aussicht auf eine Wohnung in Tannenbusch-Mitte endet, mit einem guten Gespür für Nuancen, während letzterer vor allem zu Beginn des Stücks als Bittsteller mit ganz eigener Logik glänzt. Sein Anton Schmidt erscheint als unschuldiger Jedermann, doch als einer, der es meisterhaft versteht, seinen Gegenüber zu manipulieren und aus dem Konzept zu bringen. Geld oder Frau, das ist die Wahl, vor die er Filialleiter Götz stellt, der gar nicht weiß, wie ihm geschieht. Ist der Mann in seinem Büro ein Verrückter oder doch eine potenzielle Gefahr für seine Ehe? Ohne zu viel zu verraten: Anton Schmidt ist beides, Götz nur letzteres. Und doch nähern sie sich an, sind aneinander gebunden. Diese Spannung hilft denn auch über die ein oder andere inhaltliche Schwäche hinweg und verleitet das Publikum nach etwa anderthalb Stunden Spielzeit (plus Pause) zu euphorischem Applaus.

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