Manchmal kommt alles anders als geplant, und es wird dennoch gut. So wie an diesem 1. September in der Harmonie, der die Organisatoren in den Tagen davor ganz schön ins Schwitzen gebracht hat. Eigentlich sollte an diesem Abend das Horst Hansen Trio im Rahmen des Beethovenfests auf der Bühne stehen, als Vertretung für das Pulsar Trio, das ganz kurzfristig absagen musste. Doch kaum war der Ersatz gefunden, fiel auch er aus. Und so erhielt die niederländische Sängerin Masha Bijlsma am Montag einen Anruf des Bonner Jazz-Pianisten Marcus Schinkel, ob sie nicht am Mittwoch in Bonn auftreten wolle. Ja, wollte sie. Zum Glück. Denn im Zusammenspiel mit Tastenderwisch Schinkel, dem Bassisten Martin Gjakonovski und ihrem Vater Dries Bijlsma am Schlagzeug erweist sich die 50-Jährige als ideale Alternative.
Vor allem in tieferen Lagen ist Masha Bijlsma eine Wucht. Standards wie „What Are You Doing With The Rest Of Your Life“ oder „Cry Me A River“ blühen dank ihres eindrucksvollen Timbres geradezu
auf. Die letztgenannte Nummer gewinnt allerdings auch dadurch, das die Band nicht etwa als Ballade im Stil von Ella Fitzgerald spielt, sondern sie vielmehr mit einem feinen Groove unterlegt – und
das obwohl der Einfluss der First Lady of Jazz auf Masha Bijlsma schon allein durch ihre Liebe zum Scat-Gesang offenkundig ist. Dennoch geht die Niederländerin mit der Glitzerkappe konsequent
ihren eigenen Weg und beweist nicht zuletzt mit dem starken, lediglich von ihrem Vater begleiteten „Tender As A Rose“, wie wunderbar dies gelingen kann. Schade ist nur, dass gerade bei diesem
Stück die zugegebenermaßen technisch exzellenten Schlagzeug-Parts nicht mit dem Titel übereinstimmen. Zart ist dabei nichts.
Derartige Widersprüche sind der einzige Wermutstropfen eines ansonsten exzellenten Konzerts. Vor allem wenn Marcus Schinkel seine elektronische Harmonika einsetzt und verzerrte Synthi-Sounds über
den ansonsten unverstärkten, warmen Klang des Quartetts legt, kommt es zu akustischen Reibereien. Andererseits ist Schinkel, der einst mit Masha Bijlsma zusammen am Konservatorium in Arnheim
studierte und bei ihrem Vater Unterricht in Jazz-Geschichte hatte, immer wieder der wichtigste Impulsgeber, obwohl er sich das gesamte Programm innerhalb eines Tages angeeignet hat. Seine
virtuosen Improvisationen auf dem Flügel sind ein Genuss, und sein Solo, bei dem er ausgehend von dem Rondo aus Beethovens „Pathétique“ eine kleine Reise durch allerlei Stile wagt, ist neben
einer starken Scat-Version von „A Night In Tunesia“ und den bereits genannten Balladen einer der Höhepunkte des Abends. Für die Harmonie ist dies auf jeden Fall ein schöner Start in eine
hoffentlich gut laufende Saison. Das Programm ist immerhin vielversprechend: In diesem Monat gehören der Auftritt von Anne Haigis (11.9.), das Konzert von Blues-Powerfrau Veronique Gayot (14.9.)
sowie der gute-Laune-Reggae-Mix von Jamaram (29.9.) zu den Terminen, die man sich nicht entgehen lassen sollte.
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