„Popcorn“: Artisten der nächsten Generation

Wer heutzutage Künstler werden will, muss ganz schön mutig sein. Oder verrückt. Oder beides. Angesichts der immer noch schwierigen Situation in der von mehreren Lockdowns belasteten Kulturszene ist es alles andere als eine Selbstverständlichkeit, dass auch in diesem Jahr wieder Absolventen der Staatlichen Artistenschule Berlin mit einer eigenen Show auf Tour gehen und dabei auch im GOP-Varietétheater Bonn Station machen. Am vergangenen Montag haben nun acht junge Akrobaten der nächsten Generation das Publikum mit einer beeindruckenden Mischung aus Witz und Körperbeherrschung begeistert.

Für die Künstlerinnen und Künstler der Show „Popcorn“ geht es allerdings um weitaus mehr als nur um das Ausleben ihrer Leidenschaft. Das Programm ist gewissermaßen ihre erste öffentliche Bewerbung für zukünftige Engagements, mit ihren Solo-Nummern als Visitenkarten. Und die konnten sich in Bonn sehen lassen. Viola Schleys Jonglage mit springenden Bällen kam ebenso gut an wie die Zwillingsschlaufen- und Pole-Darbietungen von Larissa Reckter, auch wenn letztere bei der Wahl ihres Kostüms für den Tanz an der Stange kein geschicktes Händchen bewies – wenn der Rock bei diversen Figuren immer wieder bis fast über die Augen rutscht, ist das leider nicht sonderlich vorteilhaft. Souverän gelangen auch die Tanzdarbietung von Johanna Häußler sowie die Partnerakrobatik von Karim El Nakib und Raoul Rogala, die geschickt in eine Ensemble-Nummer integriert wurde. Und dann wäre da noch Lenya Lev zu nennen, die am Doppel-Trapez eine hervorragende Figur machte. Wirklich stark. Doch die Höhepunkte sollten erst noch kommen.

Die besten Darbietungen hatte Regisseur Alessandro di Sazio offenbar bewusst ans Ende gesteckt. So passte bei der Luftring-Präsentation von Luzie Marschke einfach alles: Ein hervorragender Übergang von Ensemble- zu Solo-Nummer, eine exzellente Choreographie in schwindelerregender Höhe und ein Finale ohne Musik, nur von Gewittergrollen begleitet, vereinten sich in einem akrobatischen Hochgenuss. Als Sahnehäubchen erwies sich schließlich BMX-Tausendsassa Tim Höfel, der mit seinem Rad zu tanzen schien, es mühelos herumwirbelte und es mitunter nur in Bewegung hielt, indem er auf dem Vorderrad balancierend dieses drehte. Das war wirklich ganz große Kunst. Chapeau.

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