Michael Mittermeier: Ausgezappt

Drei Monate Kultur pur, mit einem ausgelassenen Publikum und Künstlern, die froh und dankbar sind, nach über einem Jahr im Dauer-Lockdown wieder vor echten Menschen spielen zu dürfen: Das ist das Bild, das die Macher des Kulturgartens Realität werden lassen wollen. Doch zumindest der Auftakt wurde diesem hehren Ziel nicht gerecht. Der ursprünglich für den 30. Juni geplante Auftritt des Comedy-Trios „Eure Mütter“ musste aus Angst vor Dauerregen auf den 15. Juli verlegt werden, und auch am vergangenen Donnerstag drückten trübes Wetter und Nieselregen auf die Stimmung. Und dann war da noch Michael Mittermeier.

Der Komiker und Fernseh-Junkie, der vor 25 Jahren mit seiner TV-Satire „Zapped!“ bundesweit berühmt wurde und in den Monaten des Stillstands offenbar auf die glorreiche Idee kam, dass alte Pointen immer noch gute Pointen sein können, pöbelte gleich zu Beginn seiner Jubiläums-Show wie ein pikierter Pavian gegen die versammelte Fotopresse und verbannte sie mit mahnendem Mittelfinger aus seinem unmittelbaren Dunstkreis. Peinlich, zumal nicht nur die Fotografen, sondern auch die Veranstalter um Julian Reininger und Sandro Heinemann sowie die rund 500 Gäste einen würdigeren, respektvolleren Auftakt verdient hätten.

Geholfen hat das Gestänker dem 55-Jährigen übrigens nicht: Zwar war er auf Hundertachtzig, doch zumindest in der ersten Hälfte seines Programms in vielen Fällen der einzige, der über seine Witze lachte. Kein Wunder angesichts zotiger Analysen alter Tampon-Werbespots („Männer würden nie ein OB kaufen, sondern eine rote Hose“) oder Reminiszenzen an die gute alte Männer-Action der Familie Cartwright aus „Bonanza“. Nicht jeder Gag kann eben gut reifen – mancher verliert über die Jahre einfach nur an Geschmack. Zwar versuchte Mittermeier immer wieder, zu alter Größe zurückzufinden, doch im Gewirr des längst unübersichtlichen Fernseh- und Streaming-Dschungels fand er noch nicht einmal bei „Game of Thrones“ den Punkt. Zu erratisch ist sein Versuch, die Handlung zu erklären, zu weit der Weg bis zur verzweifelt gesuchten Pointe. Erst als er sich seines Alters besann und von seinen Bemühungen erzählte, Töchterchen Lilly zur dunklen Seite der Macht zu verführen, wurde es amüsant. Die Kleine erweist sich ihrem Vater gegenüber nämlich in mehr als einer Hinsicht überlegen, erinnert ihn genüsslich an die bald drohende Abhängigkeit von ihrer Gnaden (Papa geht schließlich schon auf die 60 zu) und besteht auf ihrer eigenen Wahrheit über die Botschaften von Hollywood-Filmen. Gut, sie hat in diesem Moment auch Mitleid mit dem röchelnden Darth Vader, aber was will man machen – anderthalb Jahre Corona prägen eben, jeden auf seine Weise.

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