Jozsef Trefeli und Rudi van der Merwe sind in der Bonner Tanzszene keine Unbekannten. Erst im Januar vergangenen Jahres waren sie beim Ensemble Cocoondance im Theater im Ballsaal zu Gast, und da deren Choreographin Rafaële Giovanola als Kuratorin des 7. Internationalen Tanzsolofestivals fungiert und die Arbeit der beiden schätzt, war eine Einladung gewissermaßen Ehrensache. Und so stellten der gebürtige Australier und der Südafrikaner, die inzwischen beide in der Schweiz ihre Zelte aufgeschlagen haben, am vergangenen Freitag ihr Doppel-Solo „Showing Genetrix“ erstmals der Öffentlichkeit vor. Doch obwohl die beiden Tänzer und Choreographen, die sich für dieses Projekt mit ihrer Kollegin Victoria Chiu zusammengetan haben, durchaus spannende Geschichten zu erzählen hatten, hielt sich die Begeisterung an diesem Abend in Grenzen.
Sowohl Trefeli als auch van der Merwe haben für ihre Darbietungen in den jeweiligen Familiengeschichten gegraben. Ersterer war bei seinem Großvater fündig geworden, der im Zweiten Weltkrieg in russische Gefangenschaft geriet und später in Ungarn seinen Körper, sein Leben und sein Land wieder aufbauen wollte; letzterer wollte seine Großmutter ehren, die sich in den 1930er Jahren in einen deutschen U-Boot-Offizier verliebte und diese Beziehung vor ihrem Mann und ihrer Familie verheimlichte, bis sie schließlich Witwe war. Emotion und Narration, mehr kann man sich als Ausgangspunkt für eine künstlerische Auseinandersetzung kaum wünschen. Zumindest sofern man den Geschichten folgt. Was bei der Premiere weder Trefeli noch van der Merwe taten. Stattdessen überfrachteten sie Schicksale mit Nebensächlichkeiten: Da wurde eine Parallel zum Südafrikakrieg konstruiert oder ein Kosakensturm inszeniert, eine unscharfe U-Boot-Projektion mit ohrenbetäubenden Maschinengeräuschen zugekleistert und ein Foto aus dem Gulag zum Nebenschauplatz degradiert. Die biographische Dramatik wurde derweil konsequent unterdrückt, in den Bildern, aber auch in der tänzerischen Darbietung, die repetitiv daherkam und mitunter gar beliebig wirkte. Austauschbare Bewegungen zu einzigartigen Geschichten – was für verschenkte Chancen. Das mitunter irritierte Publikum spendete am Ende dennoch höflichen Applaus.
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