Einzelne Veranstaltungen sind in Pandemie-Zeiten ja schön und gut, aber ein zweitägiger Wettbewerb? Mit zehn Wettstreitern, mit Sondergästen, mit einer auf ein Duo geschrumpften Band und mit einem gewohnt euphorischen Moderator? Kann das gut gehen? Natürlich! Und zwar sehr gut, wie der Prix Pantheon in der vergangenen Woche nachdrücklich bewiesen hat. Immerhin haben die staatlichen und die privaten Theater in Deutschland in den vergangenen Wochen und Monaten unermüdlich daran gearbeitet, auch solche Formate umsetzen zu können, haben Hygienekonzepte entwickelt, Bestuhlungspläne geschrieben und alles getan, um ihre Veranstaltungen sicherer zu machen als die Fahrt mit Bus und Bahn, weitaus herzlicher und sozialer – und vor allem hundertmal unterhaltsamer. Was dank eines starken Teams, exzellenter Comedians und Kabarettisten sowie eines entspannten Publikums denn auch mühelos gelang.
Natürlich schwebte Corona stets wie ein virales Damoklesschwert über der Szenerie, unüberseh- und unüberhörbar. Alles schön auf Abstand, mit Maske wenn nötig und ohne nur, wenn es auch sicher war. Also auf der Bühne oder am Platz. So kann das funktionieren, kleiner Hinweis an gewisse Herrschaften in Berlin. Und es kann dennoch Spaß machen. Viel Spaß. Dafür sorgten schon die zehn Teilnehmer des Wettbewerbs, deren Anzahl nach dem ersten Abend durch Publikums- und Juryvotum um die Hälfte sank. Zu den Finalisten gehörten schließlich der palästinensische Comedian Amjad, der vor allem Klischees aus und über die arabische Welt durch den Kakao zog; der britische Stand-Up-Chaot Tim Whelan, der mit seinem skurrilen Humor Alltagserfahrungen (und Gemüse) in einem ganz neuen Licht erscheinen ließ; der Poetry-Slammer Jean Philippe Kindler, der als einziger Finalist sowohl politisch als auch philosophisch wurde; der Musikarzt Dr. Pop, der die Sangeskünste von Superstars entzauberte und so manche Textzeile bewusst falsch verstand; und schließlich William Wahl, Frontmann der a-cappella-Formation Basta, der für seinen Auftritt kurzerhand Moderator Tobias Mann zwangsverpflichtete und sich mit dieser unnötigen Wettbewerbsverzerrung selbst aus dem Rennen um die begehrten Trophäen nahm. Immerhin avancierte letzterer einmal mehr innerhalb kürzester Zeit zum Publikumsliebling, da er nicht nur charmant und gewitzt war, sondern auch deutliche Worte zu den Schäden fand, die der Kultur- und Kreativbranche durch die Pandemie und durch die Politik zugefügt wurden und werden. „Wir erwirtschaften drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts und beschäftigen mehr Menschen als alle anderen Branchen“, rechnete er vor. „Trotzdem fallen viele von uns durch das Raster. Und wenn ich noch einmal höre, dass irgendjemand die illegale Rave-Party, den 80. Geburtstag von Oma Inge und eine professionell durchgeführte Theater- oder Kabarett-Veranstaltung in einen Topf wirft, dann raste ich aus.“
Ähnlich deutlich wurde später, eingerahmt durch Auftritte von Till Reiners und Lisa Eckhart, nur noch Michael Mittermeier, der anhand der einst geplanten Hygiene-Vorschriften in rheinland-pfälzischen Bordellen nachwies, dass die Satire in diesem Jahr gegen die Realität keine Chance hatte – und Pantheon-Chef Rainer Pause. „Ich möchte das Leben leben, bevor ich sterbe“, sagte er. „Und ein Leben ohne Kultur ist schon der Tod.“ Da passte es, dass er den Publikumspreis „Beklatscht & Ausgebuht“ an Jean-Philippe Kindler überreichen konnte, der literarische Qualität, Witz und Haltung eindrucksvoll in sich vereinte und damit genau für das steht, was das Pantheon immer ausgezeichnet hat. Die Jury entschied sich derweil für Tim Whelan. Den Ehrenpreis „Alt & Bekloppt“ erhielt derweil niemand geringeres als Hape Kerkeling, der die Auszeichnung zwar nicht selbst entgegennahm, aber mit einer charmanten Laudatio von Wolfgang Trepper und einer kurzen Video-Botschaft von Otto Waalkes bedacht wurde. Am Ende waren denn alle glücklich und zufrieden, die Künstler, die Veranstalter und das Publikum. Geht doch, sogar in Corona-Zeiten. Hoffentlich auch weiterhin.
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