Sebastian 23: Die Besteigung des Mount Stupid

Allzu klug stellt sich die Menschheit derzeit nicht gerade an. Ein Blick in die sozialen Netzwerke genügt, um Verschwörungstheorien, zu Wissen hochstilisierte Glaubensfragen und jede Menge blinden Aktionismus zu entdecken, ob es dabei nun um Corona geht, den Klimawandel oder um die Weltwirtschaft. Das ist mitunter gefährlich, vor allem wenn Staatsoberhäupter munter dabei mitmischen, vor allem aber peinlich – und da Menschen ja nur zu gerne über die Fehler anderer lachen, bietet sich die individuelle und auch die kollektive Dummheit geradezu für ein Kabarettprogramm an. Oder das, was man dafür halten mag. Der Poetry-Slammer Sebastian 23, der am vergangenen Montag im Pantheon zu Gast war, greift in seinem neuen Programm „Cogito, ergo dumm“ auf jeden Fall verschiedene Formen der Dummheit auf, doziert über philosophische und psychologische Hintergründe – und offenbart doch letztlich so einiges an jenem Halbwissen, das er doch eigentlich verlacht.

Es ist natürlich unmöglich, in knapp zwei Stunden eine Geschichte der Dummheit auch nur ansatzweise abzuarbeiten, insbesondere dann, wenn dabei mehr herauskommen soll als eine Power-Point-Präsentation mit allerlei Internet-Memen. Also versucht Sebastian 23 dies gar nicht erst. Ja, er benennt auch große Denker wie Solomon Asch (hat sich mit Konformitätsdruck beschäftigt) und Leon Festinger (Begründer der Theorie der kognitiven Dissonanz), doch ein konzises Infotainment bietet er nicht, zumal allerlei Aussagen bei genauerer Betrachtung angreifbar werden. So macht er sich über den griechischen Philosophen Empedokles lustig, der angeblich in den Ätna gesprungen sei – dass es sich dabei um eine Legende handelt und schon der antike Geograph Strabon an der Schilderung begründete Zweifel weckte, unterschlägt er dagegen. Dann wieder stellt er die neuseeländischen Papageienart Kakapo als dümmste Vogelart dar, unter anderem weil sie sich trotz Flugunfähigkeit von Bäumen stürze (um hinunterzugleiten), persifliert Flirtbemühungen mit Mundschutz und erklärt den Dunning-Kruger-Effekt der Selbstüberschätzung samt des Anstiegs zum „Mount Stupid“ – ein Begriff, der nicht etwa auf die beiden Sozialpsychologen zurückgeht, sondern auf einen Cartoonisten. Sind derartige Korrekturen jetzt kleinkariert? Oder sind derartige Ungenauigkeiten nicht nur unnötig, sondern gerade im Rahmen eines auf Aufklärung bedachten Erklärprogramms einfach nur dumm? Das liegt letztlich, wie so vieles bei der Analyse von Dummheit, im Auge des Betrachters. Das Publikum im Pantheon fühlte sich auf jeden Fall gut unterhalten. Und vielleicht sogar gut informiert. Manchen mag das genügen.

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