Helge Schneider: Dilettantismus als Kunstform

Eigentlich ist Helge Schneider ein guter Musiker. Ein exzellenter sogar, wenn er denn will. Und einer, der meisterhaft den Dilettanten zu spielen vermag, weil das ja in den meisten Fällen völlig ausreicht. So wie im Kulturgarten. Ein paar hohle Phrasen, ein bisschen Jazz und jede Menge Nonsens-Lieder, mehr braucht es nicht, um die Menge johlen und jubeln zu lassen. Was schon eine Kunst an sich ist. Und doch letztlich nur ein Abklatsch dessen, was möglich wäre.

Dabei ist Schneider ohnehin nicht so voller Energie, wie man eigentlich erwarten könnte. Im Gegensatz zu vielen seiner Kollegen hat sich der 65-Jährige nie dazu bereit erklärt, vor Autos oder vor Maskenträgern aufzutreten, war also länger als sie der Bühne fern und müsste somit nur so vor Elan sprühen. Stattdessen gibt sich der Helge eher gemütlich und gemächlich, ja fast schon lethargisch, dehnt Pointen mitunter zu einer halben Ewigkeit aus und lässt jene Stille in die Rheinauen einkehren, die manche Anwohner herbeisehnen. Nur manchmal kommt er in Fahrt, etwa als er Monty Pythons „Ministry of Silly Walks“ adaptiert oder versucht, Menschen über ihre T-Shirts zu definieren. Da blitzt wenigstens mal der alte Wahnsinn durch, der das Genie verbirgt, und nicht die Belanglosigkeit, die die Langeweile maskiert.

 

Auch musikalisch bleibt Helge Schneider hinter seinen Möglichkeiten zurück. Zwar hat er neben seinem zehnjährigen Sohn Charly, der an den Drums einen für sein Alter exzellenten Job macht, noch den technisch herausragenden Blues-Gitarristen Henrik Freischlader an seiner Seite – der setzt aber kaum Akzente, ebenso wenig wie der Komiker mit der Frisur von Uriah Heep, der von seiner Hammond-Orgel aus Westcoast-Jazz und Boogie Woogie anstimmt, „Jailhouse Rock“ verhunzt oder in bester Jonny-Flash-Manier (also betont gequält) „Wenn ich dich nicht halten kann“ singt. Alles schön nach Schema F, ohne große Überraschungen oder elegante Soli. Schade. Vielleicht hat das zumindest zum Teil damit zu tun, dass so einige Songs im Repertoire vom neuen Album „Mama“ stammen und sich noch nicht so eingeschliffen haben; vielleicht fehlt Helge Schneider aber auch einfach ein Kontrapunkt, einer, an dem er sich reiben kann und der seinen albernen Witz nonchalant zurückwirft. Sonst hat diese Aufgabe mal Teekoch Bodo übernommen oder besonders gerne Schlagzeug-Legende Pete York, aber an diesem „Sonnenbrandtag“, wie Schneider ihn nennt, sitzt eben Charly an den Drums, und auch wenn der durchaus souverän und mitunter herrlich ungestüm zu trommeln versteht, bleibt er beim schrägen Humor seines Vaters eben außen vor. Der lässt sich derweil nicht beirren und erzählt einfach, was ihm so in den Sinn kommt und sich dort zu Unsinn wandelt. Reicht schon für anderthalb Stunden. Dann ist Schluss. Schließlich kommt nach Helge Schneider noch Comedian Felix Lobrecht. Ausverkauft natürlich und damit ein weiterer Beweis dafür, dass man nicht viel braucht, um Applaus zu ernten. Vielleicht macht Helge sogar noch zu viel. Schöner wäre es allerdings, wenn er mehr machen würde.

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