Ein bisschen verrucht, ein bisschen verspielt und schön verrückt: Mit dieser ganz besonderen Mischung verführt das a-cappella-Quartetts Gretchens Antwort seit einiger Zeit ein ständig wachsendes Publikum und verschmilzt die Gegenwart geschickt mit dem Zauber der 20er Jahre. Nun haben die vier Damen auch im Haus der Springmaus den Swing aufgedreht, haben „Britta Speers“ ebenso zu ihrem Recht kommen lassen wie die arme Roxanne aus dem Rotlichtmilieu, und eine freche, spritzige „Radio-Show“ inszeniert, die sich zu einem echten Kassenschlager entwickeln könnte.
Der Retro-Ansatz der jungen Gretchen ist dabei durchaus charmant, stecken sie doch diverse Pop-Songs in paillettenbesetzte Swing-Arrangements und werten die Stücke auf diese Weise noch einmal
auf. Herrlich, wie „Huch, hab's wieder getan“ („Ups, I Did It Again“) durch die Performance des Quartetts gewinnt, ebenso wie „Dickes B“ von Seeed. Ja, die Gretchen wagen sich sogar an
Dancehall-Nummern. Und mehr. Sogar vor Hip-Hop-Einlagen wie etwa bei ihrer Interpretation von „Lady Marmelade“ scheuen sie nicht zurück – oder vor lyrisch vorgetragenen Gangsta-Rap-Passagen von
Sido oder King Orgasmus One, deren frauenverachtenden Versen mit feiner Ironie begegnet wird. Chapeau.
Zugegeben, nicht bei jedem Titel treffen die Damen alle Töne. Vor allem der ein oder andere Rhythmuswechsel wirft sie vorübergehend aus der Bahn – schade, zumal derartige Passagen auch überaus
erfrischend sein können, so wie bei dem alten Operettenklassiker „Das ist die Berliner Luft“. Stimmlich passt derweil alles; insbesondere der rauchige Alt von Anne Stabler ist eine Offenbarung,
dank derer Fabers „Lass mich nicht los“ wunderbar cool herüberkommt. Davon bitte mehr, während das ein oder andere Spiel mit Publikumsbeteiligung, das die Gretchen zwischen ihre
Gesangsdarbietungen setzen, ruhig ein bisschen kürzer werden dürfte. Ja, die Vier inszenieren sogar „Herzblatt“ ganz possierlich, auch wenn selbst „Klaus“, laut fiktiver Biographie Leiter eines
Welpen-Gnadenhofs, bei Kandidatin Liza mit ihren speziellen Ansprüchen keine Chance hat. Aber „Ich habe noch nie“ auch dann weiterzuspielen, wenn schon längst wieder alle Platz genommen haben,
nur um irgendwie zu Hildegard Knef überleiten zu können, ist dann doch zu bemüht. Ist aber nicht allzu schlimm, dafür sind Gretchens Antwort schlichtweg zu charmant und ihre musikalischen Ideen
zu gut. Das Publikum ist denn auch völlig zu Recht begeistert und feiert das Quartett am Ende mit stehenden Ovationen. Ein Wiedersehen ist damit hoffentlich gesichert. Dann wird der Swing wieder
aufgedreht. Und der Spaß kann von vorne beginnen.
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