Dr. Pop: Musik-Sprechstunde beim Hampelmann

Eigentlich ist Erfolg in der Musikindustrie ganz einfach. 31 Sekunden sind alles, was man braucht, 31 Sekunden, in denen ein Lied bei den großen Streaming-Diensten wie Spotify und Deezer angehört wird. 31 Sekunden voller rhythmischer und harmonischer Schleifen aus den 80er Jahren, übereinandergelegt und mit Autotune und anderen Algorithmen in Form gebügelt, bis es für die Ohren von Grundschülern interessant klingt. Die müssen dann nur noch klicken und es regnet Geld. Viel Geld. So erklärt sich zumindest Dr. Pop alias Markus Henrik den Erfolg von Rappern wie Summer Cem – und er kennt sich aus.

Der promovierte Musikwissenschaftler hat sich intensiv mit den Geheimnissen des Musikgeschäfts auseinandergesetzt, kennt die Kniffe und Tricks von Britney Spears und Andreas Gabaldier und teilt seine Erkenntnisse nur zu gerne mit der Öffentlichkeit. So auch im Haus der Springmaus, wo er sein Solo-Programm „Hitverdächtig“ vorstellt – und sich nicht nur als versierter Musikkenner, sondern leider auch als Hampelmann entpuppt.

 

Nach eigenen Angaben ist Dr. Pop auf der Bühne noch ein Newcomer, tourt erst seit zwei Jahren durch die Republik und probiert sich aus. Das merkt man. In seinem Bemühen, seine Show so unterhaltsam wie möglich zu machen, greift er zu allen nur denkbaren Mitteln der Comedy, nutzt lustige Katzenvideos und ein Sample-Pad mit mehr Geräuschen, Effekten und Songschnipseln als Stefan Raab, springt wie ein Flummi umher, zieht Grimassen, verhunzt Lieder und wirkt dabei so überdreht, dass man ihm am liebsten Ritalin intravenös verabreichen würde. Alles zu viel, alles zu albern. Muss doch nicht sein. Nur weil in der Pop-Musik alle paar Sekunden neue Reize gesetzt werden, damit der Hörer im Rausch der digitalen Überflutung nicht die Lust verliert, gilt das nicht automatisch auch für ein Comedy-Programm. Zumal Dr. Pop derartige Kaspereien überhaupt nicht nötig hat. Immerhin ist er schon überaus unterhaltsam, wenn er Pietro-Lombardi-Stücke auf ihre inhaltliche Dichte untersucht, Das Lied vom Bi-Ba-Butzemann in eine Capital-Bra-Version überführt oder erklärt, warum „Staying Alive“ und „Highway to Hell“ gleichermaßen gut für eine Herzdruckmassage geeignet sind. Wissen statt Hampeln, Professionalität statt Peinlichkeit – dann macht so eine Lehrstunde in Sachen Pop wirklich Spaß. Davon bitte mehr. Angesichts so mancher vermeintlicher Chart-Erfolge können wir ein paar gute Analysen dringend gebrauchen.

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