Die Zukunft ist ein großes schwarzes Loch. Ein Abgrund, der nicht sonderlich vertrauenerweckend wirkt und der doch im Gegensatz zu so ziemlich allen Politikern tatsächlich alternativlos ist. Denn einen Weg zurück gibt es nicht, weder in das von Nazis ersehnte Dritte Reich noch in die nebulöse gute alte Zeit, von der so viele Menschen in nostalgischer Verblendung träumen. Es muss also vorwärts gehen – doch vom Aufbruch ist in Deutschland nichts zu sehen. Da kann selbst Wilfried Schmickler nur mit dem Kopf schütteln.
Der 65-Jährige, immerhin einer der wirkmächtigsten noch lebenden Kabarettisten der Republik, sucht nach Zeichen der Erneuerung, nach einer Abkehr vom ewig gleichen „Weiter so“, und findet in den
Schaltzentralen der Macht doch nur eine Koalition der Untoten im unsichtbaren Kampf mit den revolutionären Reptiloiden unter der Führung von Alexander „Mabuse“ Dobrindt. Man könnte heulen. Oder
aber reinschlagen, so wie Schmickler. Bewaffnet mit den Worten der Wahrheit, die er so gnadenlos zu führen versteht wie ein Scharfrichter seine Axt, nimmt er einmal mehr den Kampf gegen Idiotie
und Ungerechtigkeit auf und sorgt im Pantheon wie üblich für tosenden Applaus.
Zugegeben, neu sind Schmicklers Ausführungen nicht. Die Generation Internet ist ihm mit ihrer Datenfreizügigkeit und dem Niveau-Limbo ihrer Influencer ein Gräuel, ebenso wie die Fernsehmacher,
die ein ums andere Mal den Menschen ihre Würde nehmen, sofern sie überhaupt jemals eine solche besessen haben. Und natürlich drischt er wieder auf Politikern und Funktionären aller Couleur ein,
schmäht die Roten und die Grünen und die Gelben und die Schwarzen – und insbesondere jene Farbenblinden, die Blau für das neue Braun halten. A regt sich sogleich das AfD-Tourette, das sich in
einer wie üblich wortgewaltigen Tirade ergießt. Diese feuert Schmickler allerdings in einem selbst für seine Verhältnisse extremen Tempo ab, so dass er mitunter fast über die eigenen Silben
stolpert oder sie zu verschlucken droht. Die Vehemenz passt, die Hast aber nicht.
Dabei ist Wilfried Schmickler im Herzen ein Poet. Wenn er einmal nicht ein Schlagwort-Gewitter heraufbeschwört, sondern sich Zeit und die Worte wirken lässt, wenn er den Krieg der Generationen
prophezeit oder die Klima-Katastrophe sowohl auf der Welt als auch zwischen den Menschen verortet, wenn er dichtet statt lästert oder auch einfach nur seine tiefschwarzen Liedtexte grummelt,
offenbart er die Gesamtheit seiner Kunst. Dafür liebt ihn das Publikum schließlich auch, dafür und für den Respekt, den er einerseits einfordert und andererseits all jenen schenkt, die sich
wirklich reinknien, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen und dem schwarzen Loch ein wenig Farbe verleihen. Am 26. April wird Wilfried Schmickler dies übrigens erneut im Pantheon tun,
einfach weil diese Botschaft zu wichtig ist. Ein Tipp: Gut zuhören. Es lohnt sich.
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