KaMa Quartett + Jin Jim: Transzendenz der Flöte

An Jin Jim führt derzeit im Jazz kaum ein Weg vorbei. Das Quartett um den Querflötisten Daniel Manrique-Smith absolviert einen Auftritt nach dem nächsten und übertreibt es mit der Omnipräsenz fast ein wenig. Andererseits sind die Virtuosität und die Spielfreude der Band immer wieder ein Erlebnis, so wie jetzt auch in der Harmonie, wo Jin Jim ein Doppelkonzert mit dem KaMa Quartet von Katharina Maschmeyer bestritten hat. Eine bemerkenswerte Kombination, die dem Publikum sowohl Gegenwart als auch Zukunft es Jazzrock offenbarte, einen Conga-Veteranen präsentierte – und eine transzendierte Flöte.

Bereits zu Beginn des Abends legte das KaMa Quartet die Messlatte hoch an. Überaus wandlungsfähig bediente es sich mal beim Funk, mal bei den hypnotisch fließenden Melodiebögen eines Carlos Santana und dann wieder bei den psychedelischen Klängen eines John McLaughlin, ließ sich inspirieren und vermied es zugleich, irgendwelche Künstler zu zitieren. Außer John Coltrane. Ihm hat das Quartett zuletzt ein Tribute-Album gewidmet, hat sich „A Love Supreme“ vorgenommen und es mit seiner Tonsprache neu interpretiert. Geprägt vom Dialog zwischen Saxofonistin Maschmeyer und Gitarrist und Bassist Nils Pollheide tauchte die Band in zwei Teile der Jazz-Suite ein, arbeitete sich an den komplexen Strukturen ab und fand immer wieder neue, spannende Anknüpfungspunkte. Lars Duppler, der vertretungsweise am Keyboard saß, setzte ebenso Akzente wie Drummer Jens Otto und Nippy Noya, der als Special Guest und altgedienter Perkussionist (unter anderem für John McLaughlin) für besonderen Glanz sorgte, sich musikalisch aber weitgehend zurückhielt und den jüngeren Kollegen die Bühne überließ.

So aufregend das KaMa Quartet auch war: Jin Jim strahlten heller. Die Formation hat sich seit ihren Anfängen beim Bonner Jazztube-Festival kontinuierlich weiterentwickelt und scheint doch noch längst nicht an ihre Grenzen zu stoßen. Vor allem Manrique-Smith sorgte einmal mehr für ungläubige Blicke angesichts dessen, was er auf seinem Instrument zustande brachte. Was Ian Anderson einst mit Jethro Tull im Rock begann, führte der 37-Jährige nun konsequent im Jazz fort, hob die Flöte auf ein neues Level, spielte zweistimmig mit sich selbst und ließ die Töne mit einer Geschwindigkeit aufeinander folgen, dass man nicht mehr vom „Locomotive Breath“ sprechen konnte, sondern eher vom Fahrtwind eines ICE. Atemberaubend. Zugleich erhielten auch die anderen Musiker ihre Zeit im Rampenlicht. Johann May zauberte auf der Gitarre einige feine Soli, Bassist Ben Tai Trawinski und der energiegeladene Drummer Nico Stallmann tauschten sich in einem brillanten Duett aus, und zum Finale tauchten alle zusammen mit Nippy Noya in eine neue und bisher unveröffentlichte Komposition ein, die zwar „Die Ankunft des Kaisers“ nicht zu übertreffen vermochte, den Abend aber zu einem begeisternden Abschluss brachte.


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