Willy Astor: Sprachlicher Schabernack

Willy Astor liebt die deutsche Sprache – aber heilig ist sie ihm nicht. Ganz im Gegenteil. Wenn der 58-Jährige sich mit Worten beschäftigt, ist kein Buchstabe sicher. Alles kann von ihm verfremdet werden, so lange nur ein Gleichklang (oder das, was dank eines entsprechenden Dialekts für einen solchen gehalten wird) bestehen bleibt, irgendeine phonetische Parallele zwischen Begriffen, auf die sich der Münchner Kabarettist stürzt wie der Hai auf ein wehrloses Robbenbaby. Im Pantheon legt Astor nun vor ausverkauftem Haus einmal mehr los, verweist nach einem Besuch in der Apotheke auf die Islamoosierung des Abendlandes, betont die Bedeutung sorgfältiger Profi-Lachse und entfleucht im Urlaub nicht etwa auf die Eskapaden, sondern zusammen mit Jack, Jim und Kai auf die Spirituosen. Na denn Prost.

Seit über drei Jahrzehnten verdreht Willy Astor den Worten auf diese Weise den Sinn und gilt damit als einer der erfolgreichsten Sprachakrobaten des Landes. Weiterentwickelt hat er sich dabei kaum, setzt heute immer noch auf die selben Mechanismen wie schon Ende der 90er, als er im bayrischen Fernsehen ebenso präsent war wie dank der RTL-Sendung „7 Tage, 7 Köpfe“ auch bei den bundesweit eingeschalteten Privatsendern. Warum sollte er auch etwas ändern, so lange das Publikum zu ihm strömt und sich an seinen „Pointen in Demeterqualität“ erfreut? Der ein oder andere faule Witz gehört dann eben dazu. Doch letztlich dreht sich der selbsternannte „Jäger des verlorenen Satzes“ im Kreis, während er seinem verbalen Schabernack frönt und bis zum Erbrechen ein Wortspiel nach dem anderen auf der Bühne zerlegt. Immer die selbe Leier, nur mit etwas anderen Vorzeichen.

 

Ja, es ist schon beeindruckend, wenn er allerlei Alkoholika in eine skurrile Geschichte einbaut, doch hat er nach genau dem selben Schema schon vor 15 Jahren das Märchen von Radkäppchen und dem bösen Golf erzählt und seitdem immer wieder neue Varianten ausgearbeitet. Gleiches gilt für jene Texte, bei denen jedes Wort den gleichen Anfangsbuchstaben haben muss und die zum Standardrepertoire eines jeden Improvisationstheaters gehören, oder für die bemüht umgedichteten Hits der Rock- und Pop-Geschichte. Muss man natürlich auch erst einmal so hinkriegen, und Willy Astor ist ohne Zweifel ein Meister dieser Form. Nur inhaltlich hat er trotz vieler Worte leider nichts zu sagen. Dem Publikum ist das egal: Es bejubelt und belacht ausgelassen die mitunter etwas krude, aber doch wirkungsvolle Ästhetik und ignoriert geflissentlich die Leere, die sich unter dem Mantel des durch die Mangel gedrehten und mit dem Holzhammer verformten Deutschs verbirgt. Wer braucht schließlich schon Substanz?

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