Nacht der Gitarren: Die Welt auf sechs Saiten

Wenn jemand wie Lulo Reinhardt zu einer „Nacht der Gitarren“ einlädt, kann diese eigentlich gar nicht schlecht werden. Der Gypsy-Gitarrist ist nun einmal ein Meister seines Fachs, der immer wieder mit anderen Saiten-Virtuosen aus aller Welt zusammenarbeitet und so bemerkenswerte Konzerte realisieren kann. In der restlos ausverkauften Harmonie hat er nun zum wiederholten Mal Kollegen auf die Bühne geholt, die  zunächst einzeln und dann wieder in ständig wechselnden Kombinationen die immense Bandbreite der akustischen Gitarrenmusik offenlegen und vor allem gemeinsam zu zaubern verstehen.

Grenzen gibt es dabei keine. Vor allem Reinhardt liebt es, zwischen den Kulturen zu wandeln: Auf seiner aktuellen CD vermischt er sein Gypsy-Erbe mit der indischen Tradition und lässt dabei sein Instrument wie eine Sitar vibrieren, lässt sich aber auch gerne von marokkanischen Klängen inspirieren. Insofern ist der Schritt zu Itamar Erez nicht weit, der die Sensibilität der arabischen Welt mit europäischem Jazz verknüpft. Im Gegensatz zu dem flirrenden Spiel von Reinhardt wirkt das des Israelis allerdings mitunter etwas verkopft, dominiert die technische Komplexität über die musikalische Leichtigkeit. Dieser Balance-Akt gelingt Yuliya Lonskaya besser. Die Weißrussin ist eigentlich Klassik-Gitarristin, verzichtet an diesem Abend allerdings auf Stücke von Johann Sebastian Bach oder anderen Komponisten seiner Zeit und wendet sich stattdessen dem Latin-Großmeister Antonio Carlos Jobim sowie dem Franzosen Roland Dyens zu – und setzt den Groove mühelos um. Klasse. Als Vierter im Bunde bringt schließlich Daniel Stelter einen leicht bluesigen Ansatz und einen nicht zu unterschätzenden Witz mit ein, der sich etwa bei einem Stück über eine U-Bahnlinie zeigt.

So beeindruckend die Solo-Stücke der einzelnen Gitarristen auch sind, schöpfen sie doch erst im zweiten Teil ihr Potenzial voll aus, als sie in unterschiedlichen Duo- und Trio-Konstellationen musizieren und dabei die jeweiligen Kompositionen immer wieder um spannende neue Klangfarben erweitern. So sind sie eben mehr als die Summe der einzelnen Teile, zumal sich keiner unterordnen muss, sondern immer wieder die nötigen Freiräume zugestanden bekommt, um den eigenen Stil zu pflegen. Das Publikum reagiert dementsprechend begeistert und bedankt sich bei Reinhardt und seinen Kollegen mit lang anhaltendem Applaus.

Kommentar schreiben

Kommentare: 0