Tahnee: Sex sells

Die selbsternannte „Hengstin“ hat es schon schwer. Jedes Mal, wenn sich Tahnee auf der Bühne zu ihrer Homosexualität bekennt, geht im Publikum das Kopfkino los: Männer stellen sich – heimlich lustvoll stöhnend – einen wilden Dreier vor, während Frauen die zuvor an den Tag gelegten „Bitch-Blicke“ einstellen, weil sie ihre Männer nicht länger vor den Verlockungen der attraktiven rothaarigen Comedienne beschützen müssen, und stattdessen verwirrt fragen, ob sie selbst jetzt auf einmal zu Lustobjekten werden. Und wenn nicht, warum.

Ja, mit Begehrlichkeiten ist das so eine Sache. Dennoch oder vielleicht auch gerade deswegen liebt Tahnee es, sich in ihrem bewusst vulgär betitelten ersten Solo-Programm „#geschicktzerfickt“ ausführlich mit diesem Thema zu beschäftigen und alles andere drumherum zu drapieren. Ein Konzept, das beim Publikum durchaus ankommt, nicht zuletzt da die 27-Jährige sich als charmante und souveräne Künstlerin entpuppt. Vor allem wenn sie das Derbe zu Gunsten feinerer Zwischentöne ein wenig zurückstellt.

 

Immerhin, Tahnee ist schon ruhiger geworden. „Vor zwei Jahren war ich auf der Bühne noch krasser drauf“, sagt sie bei ihrem Auftritt im ausverkauften Pantheon – einem von zwei in diesem Monat. Einige mögen sich nach diesen früheren Provokationen zurücksehnen, diesem bemühten Nacheifern von Carolin Kebekus, doch für diese Rolle ist die gebürtige Heinsbergerin einfach zu nett. Zwar nimmt auch sie kein Blatt vor den Mund, wenn es um Sex geht, klärt über die moderne Form des Kasperletheaters auf oder prahlt, dass sie „mehr Kraft in den Fingern als manche Männer in der Hüfte“ habe. Wirklich lustig wird sie aber dann, wenn sie damit auf Konfrontationskurs mit der konservativen Dorfwelt geht, in der es schon ein Desaster ist, wenn die Mülltonnen nicht pünktlich um 22 Uhr rausgestellt werden und der Rollodienst unzuverlässig ist. Kein gutes Umfeld für ein Coming-Out. Aber ein hervorragendes für skurrile Situationen. Dazu gesellen sich Frauenbilder zwischen Kathy Karrenbauer und Sylvie Meis, einige (leider bemühte) Musical-Einlagen und eine wirklich großartige Gegenüberstellung von treu-doofen Hunden und Wienerisch sprechenden Katzen. Es muss eben nicht immer nur das eine Thema sein. Im September wird sich übrigens zeigen, ob Tahnee diese Lektion auch weiterhin umsetzt: Dann feiert ihr neues Programm „Vulvarine“ in Düsseldorf Premiere.

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