International Acoustic Guitar Festival: Flinke Finger

Akkorde schrammeln? Kann jeder. Die wahre Kunst der Gitarre beginnt erst danach. Schnelle, virtuose Läufe, Pickings und Tappings erfordern ein ganz anderes technisches Niveau und bringen auch erfahrene Musiker mitunter an ihre Grenzen. Beim International Modern-Acoustic Guitar-Festival in der Harmonie haben nun vier Saiten-Spezialisten aus Deutschland, den USA und aus Kanada gezeigt, was sie alles können. Und was nicht.

Zu schöner Musik gehört mehr als nur Technik. Ein guter Groove zum Beispiel. Ein Gespür für schöne Melodien. Und vor allem Feuer. Letzteres lässt ausgerechnet Festival-Initiator André Käpper vermissen, der das Konzert mit diversen schwülstigen Küchenweisheiten und tonal überschaubaren Eigenkompositionen eröffnet. Dabei hat sich der Eifeler die Fusion von Gitarre und Perkussion explizit auf die Fahnen geschrieben, beschwört den „Flow“ sowie die Fusion von Rumba und Funk. Doch dafür müssten die Flammen hoch schlagen, braucht es Energie statt Lethargie, im Spiel ebenso wie in der Moderation. So wie bei Jule Malischke, die im Anschluss wie eine frische Brise über die Bühne weht und schon allein im Kontakt mit dem Publikum einen anderen Ton anschlägt. Die Dresdnerin verbindet Singer-Songwritertum mit feinem Gitarrenspiel, auch wenn letzteres zunächst zu Gunsten ihres weichen Gesangs in die zweite Reihe gestellt wird. Zu Unrecht, wie sie mit „Medusa“ von Thomas Fellow beweist. In ihren eigenen Kompositionen und Arrangements bleibt sie dagegen etwas schlichter, was mitunter ganz angenehm ist, bei Ed Sheerans „Shape Of You“ aber durchaus noch Luft nach oben lässt.

Was auf hohem Niveau möglich ist, zeigen dann die ausländischen Gäste. Und zwar mit Nachdruck. Don Alder, seines Zeichens internationaler Fingerstyle Champion von 2007 und Guitar Superstar 2010, tanzt nur so über die Saiten, zielsicher, prägnant und immer wieder mit aufregenden Variationen in den Melodien, denen höchstens Zombies die kalte Schulter zeigen könnten. Und für die hat Alder eigenen Aussagen zufolge schon ein modifiziertes Instrument in petto, mit Klingen, Flammenwerfer und Kettensäge. Angesichts dieser Ausstattung wird es wohl eine Version seiner Harp Guitar sein müssen, jenem monströsen Gerät mit den zusätzlichen dicken Saiten, das Alder leider nur ein Mal spielen darf, bevor er abrupt von der Bühne gerufen wird. Die Zeit drängt, vor allem nachdem Jule Malischke überzogen hat. Und Adam Rafferty soll schließlich auch noch spielen. Der New Yorker mit dem entspannten Groove spielt vor allem Cover-Songs, macht dabei aber weder vor Jazz-Standards wie „Misty“ noch vor Latin-Stücken wie „Mas Que Nada“ halt und verleiht ihnen einen ganz besonderen Drive. So geht echte Gitarrenkunst. Mit Klasse. Und Leidenschaft.


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