Crossroads: Entfesselter Wunderknabe

Wer bereits mit zwölf Jahren von John Mayall auf die Bühne geholt wird und sowohl ihn als auch das Publikum mit seinem Gitarrenspiel begeistert, kann durchaus schon mal als Wunderkind bezeichnet werden. Diesem Status allerdings längerfristig gerecht zu werden, ist eine ganz andere Herausforderung. Krissy Matthews hat sie gemeistert. Der 26-Jährige ist längst in der Szene etabliert, nicht zuletzt als virtuoser Lead-Gitarrist bei der Hamburg Blues Band. Dort setzt er immer wieder Akzente – und bleibt doch hinter seinen Möglichkeiten zurück, wie sich jetzt beim Auftritt seines Trios im Rahmen des WDR Crossroads-Festivals in der Harmonie herausstellte. Dort streifte Matthews nämlich sämtliche Zurückhaltung ab, drückte das Gaspedal bis zum nackten Asphalt durch und setzte mit seinem Konzert ein weithin sichtbares Zeichen für alle Rockfans, das vor allem eins aussagte: Mayall hatte recht.

Im Spannungsfeld zwischen Blues und Rock tummelte sich Krissy Matthews wie ein Fisch im Wasser, ein entfesselter Wunderknabe mit ungeheurer Spielfreude und einer enormen Palette an technischen Fähigkeiten. Der Einfluss von Jimi Hendrix war dabei unübersehbar, suchte Matthews doch ein ums andere Mal nach Wegen, um die Saiten neu anzuschlagen. Handballen, Zunge oder Verstärker-Gehäuse versetzten sie ebenso in Schwingungen wie wildes Schwenken des Instruments. Ein bisschen Angeberei gehört eben zum Rampensau-Dasein dazu, zumal der Wildfang es sich auch leisten kann. Und auch wenn er es in der Harmonie manchmal mit seinen eklektischen Eskapaden übertrieb, rechtfertigte das klangliche Ergebnis doch die mitunter ungewöhnlichen Mittel. Nur wenige Stunden vor der Veröffentlichung seines neuen Albums „Monster In Me“ sorgte Matthews so mit druckvollem, dreckigem Sound für einen weiteren Höhepunkt der aktuellen Rockpalast-Ausgabe.

Im Anschluss hatten es Jetbone dementsprechend schwer, an diese hoch gelegte Messlatte heranzureichen. Die jungen Schweden spielten feinen, von den Südstaaten geprägten Rock 'n' Roll mit deutlichen Anleihen aus den 60ern und schienen durchaus Spaß zu haben. Frontmann Alan Riabouchkin, der aufgrund einer Knieverletzung sitzen musste, hämmerte bei den härteren Songs mit seinem rauen Organ Verse in den Raum, die mitunter an The New Roses erinnerten, während Bassist Gurten Sjödin für die eher bluesigen Nummern zuständig war. Klappte schon mal ganz gut, auch wenn man Jetbone die musikalischen Ansätze aus der Generation ihrer Eltern nicht immer so ganz abnahm – die Rock-Phrasen waren immer wieder einen Tick zu glatt, zu brav, zu sauber, um jenes Feuer beim Publikum zu entfachen, das Krissy Matthews zuvor mühelos lodern ließ. Das Potenzial ist allerdings vorhanden. Die Band sollte man sich also merken. Vielleicht kommt sie ja bald wieder nach Bonn. Und brennt dann wirklich lichterloh.


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