Hildegart Scholten: Landei in Nougat

Da steht sie also, die Hildegart. Die letzte einer langen Generation von Scholten-Frauen mit dem immer selben Vornamen und dem dezenten Kleidergeschmack einer altersschwachen Antilope. Beige ist eben in in dieser Landei-Familie – wer etwas wagen möchte, wählt stattdessen einen hellen Nougat-Ton. Und stellt sich auf die Bühne statt aufs Feld. So wie eben Hildegart, die als erste den heimischen Bauernhof verlassen hat und nun im Pantheon versucht, mit ihrem Soloprogramm „Grottenehrlich“ die weite Welt zu begeistern. Ein mutiger Plan, der aber durchaus Hoffnung auf Erfolg hat. Das Potenzial dazu hat die Dame nämlich durchaus. Jetzt müsste sie nur noch etwas zu erzählen haben. Und zwar mehr als nur Hofgeschichten.

Dabei ist Frau Scholten schon eine Rampensau, eine, die sich nicht so leicht ignorieren lässt. Offensiv geht sie auf ihr Publikum zu, staucht es zurecht und flirtet mit jedem Mann zwischen 30 und 40, der ungebunden und nicht bei drei auf den sprichwörtlichen Bäumen ist – und all das während des Telefonats mit ihrer Mutter. Klar, irgendwie hat sie sich ja auch behaupten müssen bei 14 Brüdern, die sie nur zu gerne in der Nacht in den Taubenschlag schicken, um ein paar gefiederte Ziele für das Luftgewehr aufzuscheuchen. Selbstverteidigung mit dem Backblech war insofern eine überaus lehrreiche Disziplin. Allerdings bringt Hildegart Scholten derartige Anekdoten nur selten zu einem ausreichend starken Abschluss. Da erwischt sie die Eltern beim mittäglichen Sex, und alles was ihr einfällt ist ein lautes „Bäh“? Auch ein Schusswechsel mit ihren Brüdern bleibt seltsam folgenlos, hängt am Ende in der Luft und fällt ins Leere. Die überraschenden Wendungen und die satirischen Betrachtungen kommen schlichtweg zu kurz, die guten Pointen fehlen. Bei Kurzauftritten mag dies anders wirken, wenn die Kabarettistin ihr Material kondensiert, doch über einen kompletten Abend fehlt schlichtweg die Spannung. Schade, zumal Hildegart Scholten alles hat, um mehr zu machen, inklusive einer beachtlichen Stimme, mit der sie mal „Sterntaler“ singt und dann wieder den Frottee-Blues röhrt, während sie wie eine beige Bärin in Hitze über die Bühne schwoft. Schön, aber nicht genug. Letztlich muss Frau Scholten einfach noch ein bisschen zu sich selbst finden, mehr Distanz zur Landei-Vergangenheit aufbauen und ihre Kommentare zuspitzen. Dann liegt ihr irgendwann auch das Pantheon zu Füßen. Und vielleicht sogar der ein oder andere Mann.

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