„Worst of Chefkoch“: „Nicht fragen, sondern kauen!“

Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich trefflich streiten. Zumindest, so lange er ansatzweise vorhanden ist. Was leider nicht selbstverständlich ist. Wer aufgeschnittene Tomaten kurzerhand mit Fondor UND Maggi bestreut und sich dieses Glutamat-Monster anschließend genüsslich auf der Zunge zergehen lässt, muss schon im Vorfeld sämtliche Geschmacksknospen abgetötet haben oder aber eine ausgeprägte sadomasochistische Ader besitzen. Wer dieses Rezept allerdings auch noch unter dem Namen „Tomatenplatte á la Andi“ (ja, der Akzent muss falsch sein) ins Internet stellt, leidet wahrscheinlich unter enormer Selbstüberschätzung. Bitter für all jene, die sich davon inspirieren lassen – mit Ausnahme von Jonathan Löffelbein und Lukas Diestel. Die beiden Freiburger sammeln in ihrem Blog „Worst of Chefkoch“ nur zu gerne derartige kulinarische Grausamkeiten. Und kochen sie im Haus der Springmaus jetzt sogar nach.

Die Palette der Gaumenschrecken ist enorm: Der Salzstangen-Auflauf mit seinen 250 Gramm Käse auf 85 Gramm Salzstangen ist noch das harmloseste Rezept, das die Food-Spezialisten im Rahmen ihrer Bühnenshow dem Publikum zum Fraß vorwerfen. Schlimmer sind eindeutig der Nufleika-Toast mit Fleischwurst, Käse und Nutella, der mit Käse überbackene Käse und der „Forrest Gump“, eine Mischung aus Saurer-Apfel-Schnaps und Milch. Schon beim Anblick der unheiligen Allianz aus Säure und Fett dreht sich einem der Magen um. Dennoch finden sich immer wieder Freiwillige im Saal, die dem Horror die Stirn bieten und probieren. Zum Teil sogar mit positiven Überraschungen. Hätte schließlich schlimmer schmecken können. Und im Notfall hilft etwas Gute-Laune-Cola, ergänzt um die gleiche Menge Rum.

Löffelbein und Diestel haben bei diesem Panoptikum des Grauens auf jeden Fall großen Spaß, kommentieren die gefundenen Rezepte mit bissigen Texten und versuchen mitunter sogar, das intellektuelle Niveau auf das der Rezepte zu senken. Was mitunter sogar gelingt. Kot-Witzen sei Dank. Andererseits, was will man machen angesichts von derartigem Gourmet-Trash? Zumal die beiden auch anders können, vor allem wenn sie sich etwas Zeit lassen und literarisch ein wenig in die Tiefe gehen. Wenn sie Carl der Lüge bezichtigen, weil sein Name mit C ja doch seltener ist als mit K, oder wenn sie einen Kurs in einer Großküche mit einer Mischung aus makabren und unsinnigen Elementen persiflieren, erweisen sich die beiden als erstaunlich starke Poetry-Slammer, die gerne mal augenzwinkernd an den Grenzen des guten Geschmacks kratzen. Aber wenigstens haben sie einen. Und das ist gut so.

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