Sven Hammond: Stimmwunder mit vielen Registern

Manchmal können Casting-Shows tatsächlich Talente fördern. Oder zumindest Bands auf gute Sänger aufmerksam machen. Schon in der Vergangenheit hatten sich etwa Sven Hammond bei der sechsten Staffel von „The Voice of Holland“ bedient und mit Ivan Peroti eine Stimme gefunden – nun haben sie als seinen Nachfolger ausgerechnet den einstigen Show-Konkurrenten Jared Grant gewinnen können. Und der könnte sich als echter Glücksgriff erweisen. In der Harmonie setzt der Strahlemann mit dem Wuschelkopf und der Seele von mindestens einem Mitglied der Temptations auf jeden Fall Unmengen von Glückshormonen frei, während er die ungewöhnliche Musik der Band bereichert.

Diese befindet sich im Spannungsfeld zwischen Rave und Rock, zwischen Dub und Funk und Soul und Blues, vielseitig, komplex, verrückt und unfassbar gut. Gepaart mit der Stimme und dem Charisma des 27-jährigen Grant müssten den Holländern so alle Türen offen stehen. Und wenn nicht, wird es höchste Zeit, dass jemand sie ihnen aufstößt.

 

In Bonn hat diese Aufgabe Manuel Banha übernommen, der nicht nur das bevorstehende „Over the Border“-Weltmusikfestival mit jeder Menge Herzblut konzipiert, sondern auch die Reihe „Blues for Lovers“ ins Leben gerufen hat, um sämtliche Facetten dieses Genres präsentieren zu können. Mit der Verpflichtung der hierzulande noch eher unbekannten Formation Sven Hammond hat er dabei einiges gewagt, doch künstlerisch hat sich dies auf jeden Fall gelohnt. Was das Quintett an diesem Abend abliefert, ist schier atemberaubend. Schon der rein instrumental gestaltete Auftakt ist bemerkenswert, überaus vielschichtig, fast schon psychedelisch und doch auch derart treibend, dass die Melodien ohne weiteres in modernen Clubs laufen könnten. Sven Figee, der zusammen mit seiner Orgel als Namensgeber der Band fungiert, agiert denn auch gerne mal wie ein DJ, die Menge aufpeitschend und die arme zum Mitwippen anregend. Doch erst mit Grant sind Sven Hammond vollständig. Und die Party kann beginnen.

Von der ersten Sekunde an nimmt Grant das Publikum für sich ein. Nur ihm gelingt es, alle in den von ihm erfundenen Happy Dance einzubinden, so dass keiner stillstehen kann. Was ohnehin keiner will. Nicht bei diesem Energiebündel mit der Glücksbärchi-Aura und einer Stimme, die sich scheinbar mühelos in die Höhen großer Soul-Diven emporschwingen kann, genau so gut aber in den tiefen Lagen dem Blues frönt. Was ja ohnehin nur eine der Spielarten der Band ist, die dank Grant weitaus freier wirkt und ganz in der Musik versinkt. Schließlich gibt es für jeden die Gelegenheit zu glänzen: Figee jagt ohnehin andauernd wie ein Derwisch über die Tasten oder dreht an irgendwelchen Reglern, um den Sound noch ein bisschen nach seinen Vorstellungen zu formen; Gitarrist Tim Eijmaal darf etwa bei dem herrlichen „After Smoke“ so richtig abrocken; Bassist Glenn Gaddum hat auch seine Momente im Rampenlicht, und irgendwann hämmert sich sogar Drummer Joost Kroon einen Wolf. Dabei wird es in keiner Sekunde langweilig, immer wieder kommen vielmehr neue Impulse von der Bühne. „Raven“ erweist sich als toller Blues, „Happy People“ als Gute-Laune-Lied mit Pharrell-Williams-Anleihen und „Svub Dub“ als effektvoller Reggae-Rock. Und ja, Jared Grant beherrscht sie alle, hat für jedes Lied eine eigene Stimmfarbe, kann gefühlvoll singen, kann rocken, kann dem Funk frönen und kann vor allem permanent für Stimmung sorgen. Was für ein Konzert! Kein Wunder, dass es derzeit danach aussieht, als würden Sven Hammond im Oktober wiederkommen, diesmal im Rahmen des WDR Crossroads-Festivals. Das sollte man sich dann auf keinen Fall entgehen lassen. Dafür sind Sven Hammond in ihrer derzeitigen Besetzung einfach zu gut.

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