Pe Werner: Geschlechterklischees und viel Völlerei

Besinnlichkeit wird überbewertet. Längst nicht jedes Konzert in der Weihnachtszeit muss mit Wohlfühlklängen überflutet werden oder traditionsbehaftet sein, um dem Publikum einen schönen Abend zu bereiten. Es gibt auch andere Möglichkeiten. Sängerin Pe Werner hat sich dafür schon vor einigen Jahren ein entsprechendes Repertoire zusammengesucht, mit eigenen Songs und dem ein oder anderen mit neuen Versen verzierten Cover irgendwo im Spannungsfeld von Pop, Schlager, Chanson und Jazz. Es ist Musik für die Dunkelkammer, die die Seele belichten soll, so drückt es Pe Werner selbst aus. Zarte Melodien, grandios vorgetragen. Und doch blieb das Konzert im Pantheon am vergangenen Sonntag hinter den Erwartungen zurück – denn inhaltlich drehte sich einfach zu viel um banale Völlerei.

Essen, Essen, Essen: Dieser unheilige Dreiklang der Festtage gibt auch bei Pe Werner den Ton an. Ja, sie mag ein Genussmensch sein, aber wenn gefühlt jeder zweite Song einen kulinarischen Bezug hat und ein Großteil der übrigen Titel Geschlechterklischees bedienen, bleibt die Mischung letztlich fad. Dabei kann Pe Werner ja singen, hervorragend sogar, klingt warm und weich wie ein guter Glühwein, kann aber auch richtig Druck machen und herrlich rocken. Aber wenn sie diese Gabe nutzt, um von Tofu-Gänsen und Restaurant-Besuchen zu erzählen oder ihre Ablehnung gegenüber Diäten im Advent und Marzipan im September kundzutun, ist das auf Dauer zu wenig. Zumal wenn dann auch noch bekannte Weihnachtslieder gewissermaßen durch den Kakao gezogen werden. „Süßer Pralinen nicht schmecken“ – das muss nun wirklich nicht sein.

Geht es einmal nicht um Köstlichkeiten aus der Küche, widmet sich Pe Werner nur zu gerne dem anderen Geschlecht. Gemeinsam mit ihrem Pianisten Peter Grabinger und Tonmeister Pit, der extra zu diesem Zweck auf die Bühne kommt, singt sie über „Geparkte Männer“, will sich in der Weihnachtsbäckerei einen Knilch formen und sehnt sich nach der warmen Manteltasche mit dem Mann daran. Bissig wird sie dabei nur, wenn sie Loriots Adventsgedicht um die mörderische Förstersgattin vorträgt, ansonsten bleibt sie dabei leider zu eintönig. Schade, zumal musikalisch durchaus Abwechslung herrscht. Da hätte man mehr rausholen können. Doch wirklich eindringlich wird Pe Werner nur einmal. „Wie kommst du übern Winter“ singt sie und gedenkt damit all den Verlassenen und Verlorenen, den Obdachlosen in ihrem Flaschenpfand-Dasein und den Senioren in der Einsamkeit ihrer vier Wände. Ein starkes Lied, eines, das unter die Haut geht. Es ist das einzige, das an diesem Abend im Pantheon so eine Wirkung hat. Und das ist – gerade für Pe Werner – einfach zu wenig.

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