Eigentlich hat Peter Materna derzeit mehr als genug zu tun. Gerade erst hat er das Programm für das Bonner Jazzfest 2019 vorgestellt, an dem er monatelang gefeilt hat, und auch in Zukunft werden die Telefone bei ihm nicht stillstehen. Dennoch lässt der Saxofonist es sich nicht nehmen, ab und zu im Restaurant Nees am Botanischen Garten eine intime Stunde mit ausgewählten Gästen zu zelebrieren. Bei der vierten Ausgabe der „Concert Hour“ hat er die vielfach ausgezeichnete Pianistin und Sängerin Olivia Trummer eingeladen, die dem experimentierfreudigen Spiel Maternas durchaus etwas entgegensetzen könnte. Zumindest theoretisch. Doch im Konzert zeigte sich, dass zumindest an diesem Abend die Umsetzung schwieriger war als gedacht.
Dabei hatten sich Materna und Trummer bewusst Stücke mit starken Melodien ausgesucht: Charlie Chaplins „Smile“ etwa, „Summertime“ oder auch einige interessante Eigenkompositionen. Doch statt der Linienführung zu folgen, schlugen die beiden von der ersten Sekunde an eigene Wege ein, die sie leider immer wieder in Gestrüpp laufen ließ. Rhythmisch und tonal völlig frei suchten sie den Dialog, zeigten spannende Ansätze und redeten doch mitunter aneinander vorbei. Vor allem dann, wenn Trummer mit ihrer feinen Stimme ein paar Verse in das leider überaus schwache Mikro sang und Materna mit ebenso gehetzten wie gehauchten Saxofon-Sequenzen dazwischenfuhr, statt der Ursprungs-Melodie zumindest für ein paar Sekunden Raum für Entfaltung zu geben, schien das Duo eher gegen- denn miteinander zu arbeiten; die unglückliche Akustik und die ungenügende Abmischung verstärkten diesen Eindruck noch. Und auch instrumental wollten die beiden oft zu viel, überfluteten „Summertime“ mit avantgardistischen Klang-Spielereien und dekonstruierten dadurch sämtliche Bilder, die die Gershwin-Arie eigentlich im Kopf entstehen lassen wollte. Schade, zumal Materna und Trummer so viel mehr können. Gerade gegen Ende fanden sie zusammen, wurden in ihrer Experimentierfreudigkeit klarer und stringenter, agierten als Einheit und zeigten so, wie der Balance-Akt zwischen Tradition und Moderne tatsächlich hätte gelingen können. Das Publikum war denn auch begeistert und erklatschte sich nachdrücklich noch eine zweite Zugabe.
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Enrico Trummer (Sonntag, 23 Dezember 2018 16:14)
Lieber Thomas Kölsch,
Ihre Beschreibung des Duos Materna/Trummer ist angesichts der drei veröffentlichten Konzertausschnitte der von Ihnen beschriebenen Veranstaltung nicht nachvollziehbar. Im Gegensatz zu Ihrer merkwürdig mäkelnden und "konstruierten" Beschreibung ist vielmehr ein Jazz-Duo von zwei genialen Jazzmusikern zu erleben, das sein Publikum an einer hoch-inspirierten und spannenden Jazz-Unterhaltung teilnehmen lässt. Mit ihren feinfühligen und wachen Antennen, ihrem schier grenzenlos improvisatorisch-spontanen Redefluss und ihrer harmonisch-klanglichen unerschöpflichen und in jedem Moment frischen Fantasie faszinieren dann auch beide Künstler das Publikum auf eine geradezu magische Art. Welche musikalische Meisterschaft sich in dieser musikalischen Begegnung offenbart hat - das erfühlt jeder halbwegs erfahrene Jazzhörer mühelos - und der musikalische Fachmann kann es auch beschreiben.
Leider zeigt Ihr Kommentar, dass Sie selbst zwar über eine "flotte" Feder verfügen - eigene musikalische Erfahrungen oder gar Kompetenzen auf musikalischem Gebiet nicht besitzen. Man liest lediglich, welche Schwierigkeiten Sie selbst bei der musikalischen Rezeption von zwei Musik-Giganten erleiden müssen.
Dass Sie mit diesem Kommentar versuchen, eine eigene "literarische Profilierung" anhand einer hochartifiziellen Musikdarbietung zu plazieren, ist ganz unübersehbar. Und ein wenig "Eifersucht" (oder "Neid"?) auf einen erfolgreichen Künstler und Festivalmacher namens Materna ist aus der "gönnerhaften" Einleitung Ihres Berichts auch zu entnehmen.
Insgesamt erinnert mich Ihr Bericht an einen "Eunuchen" aus dem Serail: Der "KANN bekanntlich selber NICHT" - aber er WEIß, wie's geht - oder gehen müsste;-))....
Enrico Trummer