„Impulse“: Im Bann der Beats

Der Puls der Trommeln schallt durch das GOP. Schnell, wild, laut ist er, der Rhythmus nur mühsam gebändigter Energie, die den Herzschlag der neuen Bonner Show bildet und die unweigerlich in die Beine geht. Der Groove ist der zentrale Akteur, das Schlagwerk das wichtigste Werkzeug und der Tanz das Ausdrucksmittel der Wahl. Insofern ist „Impulse“ anders als die sonst üblichen Darbietungen der Varieté-Bühne nahe des World Conference Centers (WCCB), nicht so komödiantisch wie „Plüfoli“, nicht so poetisch wie „Toys“ und auch nicht so Revue-mäßig wie „Die große Copperlin-Show“. Stattdessen erweist sie sich als zweistündige Choreographie der Spitzenklasse, mit jeder Menge Feuer und Energie, mit spektakulärer Artistik, brillanten Breakdance-Einlagen, fetten Beats – und jeder Menge Trommeln.

Diese sind schon visuell allgegenwärtig: Die gesamte Rückwand der Bühne besteht aus einer riesigen Drum-Wall, fünf mal sieben Meter voller Toms in allen möglichen Größen. Immer wieder klettert das Ensemble daran empor, bearbeitet die Instrumente, die dank ausgefeilter Lasertechnik im Takt aufleuchten können, und erzeugt so einen Rhythmus mit Sogwirkung, hypnotisch und aufwühlend zugleich, irgendwo zwischen Hip-Hop-Grooves und japanischer Taiko-Kunst. In manchen Momenten steigt so die Lautstärke ganz schön an, andererseits spielt Regisseur Nikos Hippler so geschickt mit der Dynamik, dass nur jene überfordert sein könnten, die über ein besonders empfindliches Gehör verfügen und damit direkt an der Bühne Platz nehmen. Andererseits lohnt sich mitunter genau genau das, um die Artisten aus nächster Nähe zu bewundern. Denn was die leisten, ist schlichtweg atemberaubend. Das GOP, ohnehin für die Verpflichtung herausragender Akrobaten bekannt, hat diesmal in besonderem Maße darauf Wert gelegt, dass ihre Künstler auch eine Tanzausbildung haben, und das sieht man den erstaunlich klaren Nummern an. Herrlich etwa die bezaubernde Celeste Bliss, die am Vertikalseil auch ohne ihren erkrankten Bühnenpartner eine tolle Figur macht; spritzig die Hula-Hoop-Darbietung des skurril-clownesken Briten Tom Ball; und verführerisch das Duett von Camille Tremblay und Louis-Marc Bruneau-Dumoulin an den Strapaten, das den Tanz in die Lüfte entführt.

Auch andere Künstler setzen entsprechende Akzente: Cyr-Künstlerin Nadia Lumley erweist sich als Meisterin im Breakdance, während Helena Lehmann an der Stange fantastische Figuren präsentiert. Dazwischen finden sich ruhigere Momente, etwa die brillante Ring-Jonglage und -Balance des Schwedens Emil Dahl, oder auch fetzige Ensemble-Nummern, die den Groove feiern. Der wird mal mit Haushaltsgegenständen erzeugt (inklusive mehrerer Klobürsten), dann wieder mit menschlichen Stimmen – und sonst durch Perkussionist Johnny Kay, der den Soundtrack zu den exzellenten Choreographien von Chris Meyland und Dennis Mac Dao schafft. Ersterer schwingt sich übrigens samt Mantel ebenfalls an Strapaten in die Höhe, während letzterer auf dem Boden bleibt und dafür ein Meer aus Federn emporsteigen lässt, was unweigerlich an ein Winterwunderland erinnert.

Wer also Tanz und Akrobatik gleichermaßen liebt, ist bei „Impulse“ bestens aufgehoben. Da passt es, dass das GOP von seiner sonst üblichen Praxis abweicht, die Show alle zwei Monate auszutauschen, und stattdessen das aktuelle Programm bis Ende Februar durchlaufen lässt. So bieten sich Tickets auch als Weihnachtsgeschenk an. Für sich selbst oder für andere, die sich in den Bann der Beats begeben wollen.

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