Mariama: Oden an das Jetzt

Viele Menschen leben zu sehr in der Vergangenheit. Andere streben derart in Richtung Zukunft, dass sie die Gegenwart vergessen. Beides ist ungesund, behauptet Mariama. Und singt für den Moment. Oden an das Jetzt habe sie geschrieben, betont die Kölner Singer-Songwriterin mit kosmopolitischen Wurzeln, Hohelieder auf jenen winzigen Zeitpunkt zwischen war und wird, in dem das Leben pulsiert. Eigentlich eine schöne Idee, ein nachvollziehbarer und wichtiger Ansatz. Wenn Mariama ihn denn entsprechend ausgestalten würde. Doch bei ihrem Konzert in der Harmonie bleibt die charmante 32-Jährige leider weitgehend farblos, dreht sich musikalisch im Kreis und kommt nicht vom Fleck. Was eben auch nicht der richtige Weg ist.

Dabei kann Mariama aus einem großen Pool schöpfen: Ihr Großvater hat ihr die Traditionen Guineas vermittelt, ihr Vater die des Nomadenvolks der Fulbe, ihre Mutter die Europas. Geboren in Sierra Leone, aufgewachsen in Bergisch Gladbach, sechs Jahre lang wohnhaft in Paris, jetzt in Köln lebend und doch immer unterwegs könnte ihre Musik also überaus bunt und vielfältig sein, überaus perkussiv und zugleich überaus lyrisch. Doch dieses Potenzial ruft die junge Sängerin nur selten ab. Ihre Songs verharren stattdessen viel zu oft im seichten Pop, mal angereichert durch Country- oder Reggae-Elemente, aber doch eindeutig den westlichen Mainstream-Strukturen nacheifernd. Da werden die selben Harmonie-Schemata ein ums andere Mal aus der Mottenkiste gekramt und bestimmte (musikalische und textliche) Phrasen in Dauerschleife verarbeitet, ohne sie irgendwie zu variieren. Gitarre und Bass bleiben dabei unauffällig, lediglich das Schlagzeug hat einen etwas prominenteren Platz, ohne allerdings mit spannenden Soli oder Fill-ins eigene Akzente setzen zu können. Und Mariama singt dazu von Momenten und Ewigkeiten, von Aufdringlichkeit und Weisheit, ohne diese Begriffe sonderlich zu unterfüttern. Nett ist es, ja, ohne Frage – aber nett bedeutet eben auch oft flüchtig, zum einen Ohr rein und zum anderen wieder raus. Und das ist dann doch unbefriedigend.

Erst am Ende dreht Mariama auf, kommt aus sich heraus, streut Dancefloor-Rhythmen und Dub-Sounds über ihre Songs und bringt so das Publikum zum Tanzen. Endlich. Auch die Band kommt aus sich heraus, gibt Gas, will mehr. Dumm nur, dass sich das Konzert in diesen Minuten schon dem Ende nähert. 80 Minuten hat das Quartett am Ende auf der Bühne gestanden, und hätte es die Spannung der letzten 20 durchgehend aufbringen können, wäre dies ein denkwürdiges Konzert gewesen, eine Ansammlung von Momenten, die nachhallen und in Erinnerung bleiben. Das Potenzial ist auf jeden Fall da, um mehr aus dem Jetzt zu machen. Vielleicht in der Zukunft. Beim nächsten Mal.

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