Kent Coda + Shirley Davis: Neo-Folker treffen Soul-Diva

Nach dem knallharten Auftakt des aktuellen Crossroads-Festivals des WDR Rockpalasts in der Harmonie geht es weitaus ruhiger, vielseitiger und vor allem bunter weiter. Mit Kent Coda sowie Shirley Davis & the Silverbacks bestimmen zwei weltmusikalische Formationen den zweiten Abend, die stilistisch einen herrlichen Kontrast bieten und doch das Publikum mit ihrer Leidenschaft und guten Ideen in ihren Bann ziehen. Indie-Folk mit türkischen Texten trifft auf den groovenden Soul einer australischen Diva, die das Bad in der Menge und den Dialog mit ihren Fans über alles liebt. Eine ungewöhnliche Mischung, die aber hervorragend funktioniert. Und Lust auf mehr macht.

Dabei erweisen sich Kent Coda als Überraschung des Abends – und dass, obwohl das Kölner Trio in der Region durchaus schon präsent war, wenn auch in deutlich kleinerem Rahmen. Der Auftritt beim Rockpalast ist der bislang größte Erfolg der Band, und so geben Sänger Ögünc Kardelen, Bassist Christoph Guschlbauer und Perkussionist Sercan Özökten denn auch von der ersten Sekunde an alles. Der charmant-poppige Folk kommt an, obwohl oder vielleicht auch gerade weil die Orientalismen nur sehr dezent zu hören sind. Würde Kardelen auf deutsch oder auf englisch singen, wären Kent Coda mitunter fast schon im Mainstream zu verorten. Was an dieser Stelle überhaupt nicht negativ gemeint ist. Immerhin gelingt es der Band, den gesamten Saal zum Tanzen zu bringen und mit ihm sogar den ein oder anderen türkischen Refrain einzustudieren. Muss man auch erst einmal schaffen. Die Lieder greifen dabei so manches skurrile Bild auf, verweisen auf Fische in einer Schnapsflasche und den letzten Oktopus vom Bosporus, kokettieren mit „Dirty Dancing“ und gedenken dann wieder der Bäume auf dem Taksim-Platz, die Kardelen mit dem Hambacher Forst in Verbindung bringt.

So stark Kent Coda auch ist, bleibt das Trio doch stimmlich ein wenig beschränkt. Ganz anders Shirley Davis: Die Soul-Lady mit jamaikanischen Wurzeln ist eine Offenbarung mit begnadetem Organ und atemberaubender Ausstrahlung. „It's all about the music“, schmettert sie gleich zu Beginn, während die spanischen Silverbacks im Hintergrund ein elegantes, funkiges Fundament bereiten. Und ja, es geht hier nur um die Musik. Und um eine Frau, die genau dies lebt und liebt. Davis strahlt, ist beseelt und geht immer wieder auf Tuchfühlung mit dem Publikum, um neue Energie zu tanken. Eine Dame holt sie gar auf die Bühne, um nicht alleine tanzen zu müssen. „Be yourself“, singt sie dazu, sei du selbst. Selbst wenn diese Einstellung nicht immer so einfach ist wie auf einem Konzert, auch schon mal Narben zurücklassen kann. Davis könnte davon ein Liedchen singen. Doch ihre Botschaft ist vielmehr eine positive, eine beglückende, die schöner kaum sein könnte und die dem Crossroads-Festival im Herbst 2018 einen ersten Höhepunkt schenkt.


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