Der Auftakt dröhnt: Mit Lucifer und Blood of the Sun haben die Redakteure des WDR Rockpalasts zwei Vertreter der härteren Gangart die aktuelle Ausgabe des Crossroads-Festivals in der Harmonie eröffnen lassen, die das Publikum einmal so richtig aufrütteln und durchschütteln sollten. Ein guter Plan, der letztlich auch aufgeht. Denn während sich die Schweden um Frontfrau Johanna Sadonis ein wenig zu sehr in Klischees verlieren und dabei die klangliche Abwechslung vernachlässigen, sorgen die Sonnenabkömmlinge aus Texas mit exzellentem Heavy Metal für eine Druckbetankung mit rockigen Klängen in Reinform, die bei der Menge nachhaltigen Eindruck hinterlässt.
Rein optisch haben Lucifer allerdings eindeutig die Nase vorn. Sängerin Johanna, die mit ihrer vollen Stimme durchaus mehr präsentieren könnte als einen überschaubaren Gesangsbrei mit Doro-Anleihen, hat sich extra für den Auftritt ein tief ausgeschnittenes Top zugelegt, das so manches offenbart. Sieht schön aus, keine Frage. Doch Sex-Appeal allein reicht einfach nicht, um gute Rock-Musik zu machen. Und dafür bleibt die Band schlichtweg zu monoton, verharrt in den immer gleichen Harmonie-Schemata sowie einer weitgehend überschaubaren rhythmischen Varianz. Die Verbeugung vor den 70ern ist dabei unüberhörbar, geht in Richtung der Rolling Stones, aber auch zu Black Sabbath und Dio. Eigene Akzente fehlen aber, was gerade angesichts von Nicke Andersson am Schlagzeug überrascht. Immerhin trommelt der ansonsten bei den Hellacopters, was man durchaus hört, im Groove aber nur bedingt spürt. Gleichzeitig sei an dieser Stelle klargestellt, dass Lucifer kein schlechtes Konzert abliefern – es ist nur nichts Besonderes, kein Glanzlicht, nichts, woran man sich noch in ein paar Monaten gerne zurückerinnert. Und das ist letztlich dann doch weniger als erwartet.
Diese Erwartungshaltung drehen Blood of the Sun um. Wer die Jungs aus Fort Worth nicht kennt, könnte beim ersten Anblick der langmähnigen Musiker ein brachiales, wildes Knüppeln erwarten, irgendwas in Richtung Death Metal vielleicht oder sogar Sounds aus dem Grenzbereich zum Trash. Doch davon ist die Band weit entfernt. Zugegeben, die Band macht keine halben Sachen und gibt ordentlich Gas, bleibt dabei aber immer melodisch und stringent. Sänger Sean Vargas erweist sich als exzellenter Stimmkünstler, der im Gegensatz zu vielen anderen seiner Kollegen ganz genau weiß, wie er seine Stimme einsetzen muss, um maximale Wirkung zu erzielen. Die beiden Gitarristen Wyatt Burton und Alex Johnson zaubern virtuose und erfreulich abwechslungsreiche Soli herbei, und von hinten kommt das druckvolle Spiel von Saint-Vitus-Drummer Henry Vasquez, der die Stücke nach vorne hämmert, ohne dabei sein Instrument oder den Sound zu Kleinholz zu verarbeiten. Großartig.
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